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Kultur: Mit Kanonendonner
Potsdamer Filmstudenten drehen Trailer für die Ausstellung „Wo Preußen Sachsen küsst“
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„Peter etwas nach rechts. Schau über die Kanone, du musst mich sehen können“, sagt Simon Ostermann zu einem Schauspieler. Die Filmcrew dreht den Trailer für die Ausstellung „Wo Preußen Sachsen küsst“. Die erste Landesausstellung Brandenburgs soll im kommenden Jahr in Schloss Doberlug stattfinden. Um dieses Ereignis schon im Vorfeld gebührend zu bewerben, haben die Ausstellungsmacher einen Werbetrailer an der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf (HFF) in Auftrag gegeben. Bei dem „Pitch“, in dem mehrere Teams darum konkurriert haben, hat Regisseur Simon Ostermann mit seinem Team gewonnen.
Nun steht das versammelte Team im Grunewald. Wildschweine haben den Boden aufgerissen, Wasser sammelt sich in der Lache. Daneben ist eine etwa 15 Meter lange Schienenstrecke aufgebaut, auf der ein Kamerawagen geschoben wird. Oberhalb der Schiene, auf einer kleinen Anhöhe, steht eine Kanone. Blätter des bunten Herbstwaldes werden vom Wind geschüttelt und fallen auf die Szenerie. Preußische Soldaten, gekleidet wie im 18. Jahrhundert, scharren sich um die Kanone. Ein kleines Rinnsal, vermutlich Kunstblut, ist am Ohr eines Soldaten heruntergelaufen und getrocknet. In einem Plastikbehälter liegen schwarz bemalte Gummibälle, die Kanonenkugeln täuschend ähnlich sehen. „Den Blitz jetzt noch nicht“, ruft Simon Ostermann zum Pyrotechniker, der beim Film SFX Koordinator heißt und auch für andere Spezialeffekte zuständig ist. Aus der Kanone raucht es ein wenig, aber beim Probelauf wird noch kein Pulver verschossen. Zwei Waldspaziergänger mit weißen Bulldoggen schauen interessiert hinüber. Das Wetter ist stürmisch, Ostermann will den richtigen Moment abpassen, in dem die Sonne durch die Wolken bricht und auf die Szenerie scheint. „Noch 23, noch 22, noch 21 Sekunden“, zählt der Kameraassistent. Wie angekündigt brechen Lichtstrahlen durch das gelbe und orange Laub. „Jetzt“, ruft Ostermann, der Mann mit der roten Mütze. Die Soldaten hasten um die Kanone herum. Einer senkt einen Stab mit einem brennenden Lappen in Richtung Kanone. Es blitzt. Rauch steigt auf. „Super!“ Ostermann ist zufrieden.
Der Film wird nur 60 Sekunden lang. Am Set wieseln allerdings rund 40 Mitwirkende herum. Ostermann behält dennoch allem Anschein nach den Überblick und hat auch ein Auge dafür, welcher Statist gerade seinen Kopf ein wenig zu weit hebt oder einen halben Meter zu weit nach rechts getreten ist und so das schöne Bild des schussbereiten Kampfgeräts stört.
Der Regisseur hatte bereits bei etlichen Filmprojekten als Regieassistent und Aufnahmeleiter mitgearbeitet und einige eigene Kurzfilme gedreht, bevor er 2012 an der HFF ein Regiestudium begonnen hat. Ein Porträt, das er in Asien über einen ehemaligen Drogenabhängigen gedreht hat und ein Bericht aus dem ersten Ostdeutschen Kernkraftwerk waren mit erheblich weniger technischem Aufwand verbunden. Aber es waren offensichtlich gute Vorübungen, um die Arbeit mit einem größeren Team und mehr Technik zu bewältigen.
Dabei filmt eine Drohne die Szenerie aus der Luft. Der Film spielt im Jahr 1760 als eine der entscheidenden Schlachten des Siebenjährigen Krieges bei Torgau stattfand und mehr als 30 000 Menschen das Leben kostete. Offiziere der verfeindeten Heere, die im Jahre 1760 vor Berlin lagen, treffen sich hoch zu Ross. „Wir wollten einsteigen in diese Welt“, erklärt Ostermann. Der Film werde eine szenische Collage, die dann aber doch eine überraschende Wendung nehme.
Der Siebenjährige Krieg dauerte 1760 bereits vier Jahre an. „Immer mehr ähnelte die preußische Armee einer organisierten Räuberbande. Plünderungen Diebstähle und Unterschlagungen griffen um sich“, sagt die Historikerin Ingrid Mittenzwei. Auch Friedrich II., der den Krieg ohne vorherige Kriegserklärung mit einem Einfall in Sachsen begonnen hatte, war mittlerweile reichlich demoralisiert. Um die historische Stimmung richtig zu erfassen, gibt es Aufnahmen aus der Luft, viele Kostüme und allerlei historische Requisiten. Trotz eines relativ geringen Budgets. „Das geht nur, weil wir die Unterstützung der Hochschule haben“, so Ostermann. Er hat seinen Film als erster von mehreren Teams der Hochschule gedreht, die sich auch beworben hatten. „Wir mussten jetzt drehen, weil es ja Winter wird und wir die herbstliche Stimmung noch einfangen wollten“, sagt der Regisseur. Richard Rabensaat
Richard Rabensaat
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