Kultur: Mit reduzierter Feder
Zur Ausstellung in den Römischen Bädern / Von Matthias Gärtner
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Im Jahr der Graphik 2009 beteiligt sich auch die Graphische Sammlung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) mit der Ausstellung „Die Römischen Bäder in Bleistift, Feder und Wasserfarbe“ bis 26. Juli in den Römischen Bädern im Park Sanssouci an den vielfältigen Aktivitäten graphischer Sammlungen deutschlandweit. In einer losen Artikelfolge wollen wir gemeinsam einige ausgestellte Arbeiten vorstellen. Heute: Aufmaß und Grundriss vom Pavillon am See von Walter Tiemann (1934)
Im Ausstellungskapitel „Pläne fürs Bauen und Erhalten“ wird das hier vorgestellte Blatt gezeigt, das zu einer sechsteiligen Bauaufnahme vom Pavillon am See gehört. Die auf Transparentpapier ausgeführte Darstellung von Grundriss und Ansicht der Südfassade entstand vermutlich im Rahmen eines Aufmaßpraktikums von Studenten der ehemaligen Fachhochschule, jetzt Technische Universität Berlin. Vergleichbare Projekte für die Neuen Kammern und das Chinesische Haus sind ebenfalls im Bestand der Plansammlung nachweisbar. Dem Vorlesungsprogramm für das Studienjahr 1934/1935 ist zu entnehmen, dass der unterzeichnende Rottmayer Vorlesungen über die „Formenlehre des Ingenieurbaus“ für das 7. Semester gehalten hat.
Einhundert Jahre nach der Entstehung des durch Karl Friedrich Schinkel geplanten und von Ludwig Persius ausgeführten Bauwerks, das bereits in der „Sammlung architektonischer Entwürfe “ von Schinkel publiziert und später oft gezeichnet, beschrieben und abgedruckt wurde, war es ein Studienobjekt für werdende Architekten geworden. Die Ausführung des Blattes entspricht dem Zeichenstil der Zeit. In der um 1920 einsetzenden „Neuen Sachlichkeit“ wurde in der Architektenausbildung der Schwerpunkt im technischen, kaum im perspektivischen Zeichnen gesetzt. „Nichts soll das Auge täuschen“ lautete der neue Leitspruch. Deutlich ist der Verzicht auf die Wirkungsmöglichkeiten der Perspektive und die bemühte Nüchternheit der Darstellung zu sehen. Die Darstellung ist auf die Umrisslinie mit der Feder reduziert, auf Lavierungen und einzelne Maßangaben wird vollständig verzichtet. Allenfalls die Verdichtung der Strichfolge oder die Schraffur deuten Unterschiede an.
Man kann es für diese Generation von Architekten bedauerlich finden, dass nicht die Zeichenkunst von Persius, die auch in der Ausstellung zu bewundern ist, Gegenstand des Studiums war, sondern lediglich die nüchterne Erfassung des Bauwerks. Doch sind solche Blätter Zeugnisse von historischen Zuständen des Hauses und oftmals Grundlage für Restaurierungen oder Rekonstruktionen.
Das vorgestellte Blatt wird nicht – wie man zunächst vermuten könnte – gerahmt an einer Wand hängend präsentiert. Es liegt vielmehr neben einem weiteren Beispiel aus dieser Serie in einem Graphikschrank, der einen Eindruck von der heutigen Aufbewahrung der etwa 50 000 Objekte der Plansammlung vermitteln soll. Nach ihren Inventarnummern geordnet, lagern die Pläne staubfrei und lichtgeschützt in großformatigen Mappen.
Matthias Gärtner ist Kustos der Graphischen Sammlung der SPSG
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