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Kultur: Momente höchster Konzentration

Die Pariser Malerin Agnes Sioda zeigt ab heute ihre Monotypien in der SperlGalerie

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Agnes Sioda besuchte schon als junges Mädchen häufig von Kleinmachnow aus Galerien und Museen in Berlin, Potsdam und anderswo. Und es wurde ihr nie zu viel. Die Eltern, Renate und Peter Bormann, haben ihre vier Kinder für die Künste stets begeistern können, für die bildende Kunst, das Theater, die Musik. „Meine Geschwister und ich wuchsen in eine künstlerische Umgebung hinein, die uns sehr prägte“, sagt Agnes Sioda, die heute selbst Malerin ist. Ihre beiden Schwestern verdienen ihr tägliches Brot ebenfalls mit der Kunst: Katharina als Keramikerin, Susanne mit der Schauspielerei, dabei sehr erfolgreich beim Film und Theater. Bruder Alexander ist dagegen in der Forschung tätig, baut fliegende Objekte. Und irgendwie hat dies ja auch mit Kunst zu tun.

In der Potsdamer SperlGalerie im Holländischen Viertel wird Agnes Sioda ab heute Abend in einer Ausstellung neue Arbeiten präsentieren. Rainer Sperl hat sie und den Hamburger Bildhauer Winni Schaak eingeladen, den 15. Geburtstag seiner Galerie mit Kunst zu gestalten. Winni Schaak kommt mit spannungsvoll gebogenen Plastiken aus Stahl, Bronze und Edelstahl. Ihre überraschenden Formen wirken selten spielerisch, sind aber voller Klarheit.

Agnes Sioda war schon mehrmals in der renommierten Galerie vertreten, in den Gemeinschaftsausstellungen mit „Kleinen Formaten“. Nun also ihre erste Personalschau in Potsdam. Vor allem großformatige Bilder hat sie dafür ausgewählt: Monotypien. „Mein Sohn Jacob hat mich, als er Zwölf war, an diese Technik erinnert. Eine Glasplatte bestrich er mit schwarzer Farbe, legte seine Hände darauf und schrieb das Wort ,Mehr““.

Es ist tatsächlich mehr geworden, durch die Hände der Mutter. Agnes Sioda hat große Freude, Monotypien zu schaffen. Im Lexikon liest man zu diesem grafischen Verfahren, dass es jeweils nur einen einzigen Abdruck zulässt. „Auf eine Glas- oder Kupferplatte werden Druck- oder Ölfarben gestrichen, dann ein Papierbogen darüber gelegt und durch Druck mittels Bleistift oder Daumen Linien und Flächen farbig abgedrückt.“ Agnes Sioda nimmt beide Hände. „Es ist so, als ob ich zehn Pinsel zugleich auf das Papier und das Glas drücke“, erzählt die Malerin. „Dies ist ein Moment höchster Konzentration, ein Augenblick, in dem sich alles findet: nicht nur die Hände, der ganze Körper ist in Anspannung.“

Auf dem Blatt kann anschließend nichts mehr korrigiert werden. „Aber man spürt während des Druckens, ob das Bild gelingt oder nicht. Die Augen sind zunächst ausgeschaltet, sie fungieren nicht als Richter.“ Doch manches Mal verschwand schon ein Blatt im Papierkorb, weil es nicht den Ansprüchen der Künstlerin folgte. Viel teures Papier wird für die Grafiken benötigt. Sie hatte Glück. Im Container fand Agnes Sioda eines Tages eine riesige Papierrolle, die sie gut für ihre Monotypien, mit der sie sich seit vier Jahren intensiv beschäftigt, gebrauchen konnte.

Im ersten Augenblick wirken die Arbeiten durch ihre Ästhetik. Man muss sich aber für sie Zeit nehmen, dann entdeckt man mehr, nämlich die ungeheure Spannung, die in ihnen liegt, das Vibrierende in den Landschaften oder den Blumengärten – Landschaften, die nichts Beschauliches oder Kleinliches kennen, die sich unserem Blick öffnen und zugleich auch wieder verschließen.

Agnes Sioda probiert immer wieder die verschiedensten Techniken, vom konservativen Malstil bis zum Experiment. Zeigt sie in Potsdam Monotypien, so wird sie nach Ostern in der Kunstkate in Ahrenshoop mit Malerei aufwarten. Wenn die Ausstellungen in Deutschland eröffnet sind, wird die studierte Textildesignerin, die auch als Bühnenbild- und Kostümbildnerin gearbeitet hat und dabei heute noch hin und wieder tätig ist, sich wieder nach Paris begeben, wo sie seit mehreren Jahren lebt.

Auf dem Montmartre, wo sich viele Galerien aneinander reihen, findet man ihr kleines Atelier. „Paris hat jedoch keine so spannende moderne Kunstszene wie beispielsweise New York oder Berlin. In der französischen Hauptstadt beruft man sich sehr auf die große Vergangenheit in der Kunst, auf das Experimentelle reagiert man zurückhaltend“, sagt Agnes Sioda. Und doch liebt sie die Atmosphäre von Paris, die Lebensart der Franzosen überhaupt. „Sie nehmen sich viel Zeit für alles, sind nicht hektisch, vielleicht auch nicht so pflichtbewusst wie wir Deutschen. Ich habe aber in Paris gelernt, tief durchzuatmen.“

Und doch zieht es sie in den kommenden Monaten nach New York, wo sie eine „aufregende Kunstwelt vorfindet. Dort werde ich für eine Ausstellung arbeiten“. Im Herbst ist dann eine für Berlin fest geplant.

Ausstellung in der SperlGalerie, Mittelstraße 30, Agnes Sioda und Winni Schaak, bis 14. Mai

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