Kultur: Musikalische Reise durchs barocke Europa
3. Sommermusik in der Friedenskirche Sanssouci
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Ein regelrechtes Füllhorn barocker Musik wurde am Samstagnachmittag über die Besucher der 3. Sommermusik in der Friedenskirche Sanssouci ausgeschüttet. Die durch ihre Mitwirkung bei Aufführungen des Oratorienchores in Potsdam bekannte Sopranistin Katherina Müller, der vor allem mit seinem Barocktrompetenensemble Berlin in Erscheinung tretende Johann Plietzsch sowie Matthias Jacob an der Woehl-Orgel haben eine einstündige musikalische Reise kreuz und quer durch mehrere europäische Länder des 18. Jahrhunderts unternommen. Die künstlerische Vielfalt, die dort anzutreffen war, wurde anhand prägnanter Beispiele hörbar gemacht.
Während der Regen unaufhörlich aufs Kirchendach prasselte, konnte man im Gotteshaus einen ungetrübten sommerlichen Kunstgenuss erleben, in dem es an Pracht und Farben nicht fehlte. Durch die Mitwirkung von Johann Plietzsch wurde dies im Besonderen unterstrichen. Einen festlichen Glanz strahlte sein Trompetenton aus. Im musizierenden Miteinander mit Katherina Richter drängte er sich nie in den Vordergrund, sondern war stets ein dialogisierender Partner. Katherina Müllers klarer Sopran hat an Volumen gewonnen, doch besitzt er immer noch die Leichtigkeit und die Leuchtkraft für das barocke Repertoire. Außerdem weiß sie den teilweise virtuosen Arien mit feiner Natürlichkeit, Selbstverständlichkeit und begeisternder Frische zu begegnen.
Es schien aber, als ob die die Musizierenden sich nicht lange in einem Land aufhalten wollten. Vor allem die Sängerin hatte es eilig, schnell weiterreisen, denn leider gab sie nur Ausschnitte aus geistlichen Kantaten, Oratorien sowie Huldigungsmusiken zum Besten. Gern hätte man sich in einem Land länger aufgehalten. Die melodische Fülle und die reichlich virtuosen Ansprüche machten nämlich die dargebotenen Kabinettstücke äußerst attraktiv und regten an, sich mit diesem oder jenem Werk und Komponisten weiter zu beschäftigen. Mit einem auftrumpfend-pompösen Trumpet Voluntary B-Dur von John Stanley startete man in England. Von dort ging es nach Wien, an den Hof Karls VI. Das hohe Niveau der dortigen Musikpflege machten zwei Beispiele aus der Kantate „Plaudite, sona tuba“ von Johann Joseph Fux deutlich. Nach Rom ging es zu Allessandro Scarlatti, von dem zwei an Opernarien erinnernde Piecen erklangen. Die aus triumphaler Gestik bestehende „Ode für Königin Anne“ von Georg Friedrich Händel (die erste von neun Arien erklang) machte deutlich, dass es einen Abstecher nach England gab. Zwischendurch war der Organist aber auch allein unterwegs. So nach Leipzig, um Bach einen Besuch abzustatten (Fantasia super „Komm heiliger Geist, Herre Gott“ BWV 651) sowie nach Nürnberg, wo Johann Pachelbel (Choral und Variationen über „Werde munter, mein Gemüte“) die Aufwartung gemacht wurde. Ins böhmische Olmütz reisten dann Trompeter und Organist gemeinsam, um Pavel Joseph Vejvanovskijs Sonata in g zu musizieren. Zum krönenden Abschluss waren dann alle drei Musizierenden in Leipzig wieder vereint. Leider erklang nur die gleichnamige erste Arie aus der Bach-Kantate „Jauchzet Gott in allen Landen“, der die Mitwirkenden aber mit einem feinen Leuchten begegneten. Katherina Müller sang bravourös die raschen Koloraturenketten und Johann Plietzsch stand ihr auf seiner Trompete in Sachen Virtuosität in nichts nach.
Auf dieser Reise hatte Kirchenmusikdirektor Matthias Jacob auf der Woehl-Orgel die meiste Arbeit zu verrichten. Aber sie machte ihm hörbar Freude. Er erwies sich als ein sensibler Mitreisender und gab den oft wechselnden Stücken in ihrer Vielgestaltigkeit immer wieder neue Farben. Langanhaltender Beifall war der Lohn der Gäste, die sich gern auf die Reise mitnehmen ließen. Klaus Büstrin
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