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Kultur: Musikfestspiele:Orgelzaubereienmit Eisenberg

Nicht nur Preußenkönige gingen in der Sehnsucht nach Italien auf, auch Komponisten eiferten ihnen per Blick oder Reise gen Süden nach. Johann Sebastian Bach mochte die Werke seines venezianischen Kollegen Antonio Vivaldi, adaptierte einige seiner Concerti für die Orgel.

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Nicht nur Preußenkönige gingen in der Sehnsucht nach Italien auf, auch Komponisten eiferten ihnen per Blick oder Reise gen Süden nach. Johann Sebastian Bach mochte die Werke seines venezianischen Kollegen Antonio Vivaldi, adaptierte einige seiner Concerti für die Orgel. Auch Bachs Cousin Johann Gottfried Walther übte sich in solcher Verfahrensweise. Aus diesen Zutaten richtet Organist Matthias Eisenberg ein Klangmenü der Extraklasse an, das er im Rahmen der Musikfestspiele in der Erlöserkirche serviert. An der Schuke-Orgel lässt er mit unnachahmlichem Klangempfinden ein Italienflair entstehen, das dem zahlreich erschienenen Publikum die Sinne erfreut. Unter seinen gelenkigen Fingern und Füßen erscheinen die schwierigsten Fugen und raffiniertesten Akkordfolgen als die selbstverständlichste Sache der Welt. Aus sprödesten Noten zaubert er die charmantesten Klanggestalten. Er malt mit leichter Hand leuchtkräftige Aquarelle, skizziert pastellfarbige Genreszenen, ziseliert mit stilsicherer Hand die feinsinnigsten Klangpokale. Kurzum: Matthias Eisenberg ist ein Meister der delikaten Klänge und kapriziösen Registrierungen. Beispielsweise in der filigranen Toccata A-Dur von Alessandro Scarlatti (1660-1725), deren cembaloartige Anlage und kapriziösen Strukturen er finessenreich und herrlich verspielt ausbreitet. Auch in Walthers h-Moll-Concerto del Sgr. Vivaldi befleißigt er sich eines Tastenspiels, das den Eindruck von Improvisation erweckt. Sehr fröhlich geht es in den Ecksätzen zu, fast schwerelos im Adagio, wobei die Diskantstimme gleichsam wie hingetupft scheint. Köstlich. Mit Hilfe des Tremulanten erhält Walthers Corelli-Bearbeitung „Alcuni variazioni“ in C-Dur eine geradezu ätherische Dimension. Dann Bach , den uns Eisenberg nicht als strengen Klanggestiker, sondern nachgerade als Liebhaber mediterraner Leichtigkeit und Heiterkeit vorführt. Was sicherlich an den Vivaldi-Vorlagen für die Konzerte d-Moll BWV 596 und a-Moll BWV 593 gelegen haben dürfte, aber auch am Wissen des Organisten um Bachs ambivalente Italiensehnsucht. Wie anders lässt sich sonst die warmherzige Wirkung der pastorale Fröhlichkeit ausstrahlenden Triosonate G-Dur BWV 530 erklären? Es scheint, als sitze Bach unter den Pinien der Toskana, fange das facettenreiche Lichtspiel gebrochener Farben in seinen Noten ein ... Erhaben und im prinzipalbestimmten Organo pleno aufklingend, ertönt mit Toccata und Fuge F-Dur BWV 540 jener Bach, wie man ihn kennt. Nicht ganz, denn Eisenbergs fantasiefidele Orgelzaubereien machen das Stück zu einer beschwingten Angelegenheit in Sachen Kontrapunkt. In eigenen Improvisationen moduliert er sich abschließend noch einmal die Seele aus dem Leib. Peter Buske

Peter Buske

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