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Kultur: Nach 500 Jahren wird Luther Pop – ein bisschen

Die Luthermesse von Michael Schütz vereint Bewährtes mit Neuem – und erlebt am Samstag auf Hermannswerder ihre Uraufführung

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Die Zeichen verdichten sich: 2017 steht das Reformationsjubiläum an. Seit 2008 veranstaltet die Evangelische Kirche Deutschlands jeweils ein Themenjahr, um das vielfältige Wirken Martin Luthers als Kirchen- und Sozialreformer, als Sprachschöpfer und Befreier des Individuums aus den umschlingenden Dogmen und Institutionen der Kirche vor 500 Jahren zu feiern. Dabei zeigt sich: Die weiterführenden Ideen des Reformators können, wenn man auch seine Irrtümer bedenkt, heute noch Erkenntnisse liefern und Ermutigung für die Menschen sein.

Mit unterschiedlichen Veranstaltungen, vor allem an den zahlreichen Reformations-Originalschausplätzen in Mitteldeutschland, werden die Feiern des kommenden Jahres vorbereitet.

In Potsdam hat die evangelische Kirche bisher noch etwas verhalten reagiert. Doch der Potsdamer Komponist Michael Schütz hat eine Luthermesse geschrieben, die am kommenden Samstag in der Inselkirche Hermannswerder zur Uraufführung gelangen wird. Damit wird dem Jubiläum 2017 schon jetzt eine besondere, reizvolle Farbe verliehen. Vielleicht ist sie bei den offiziellen Feierlichkeiten im kommenden Jahr ebenfalls zu hören.

Der Inselchor Hermannswerder, die Popkantorei Potsdam, die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche Berlin, das Kammerorchester Neckarsulm sowie die Gesangssolisten Johanna Krumin (Sopran) und Jörg Aldag (Tenor) haben sich der neuen Komposition von Schütz angenommen. Neben der Berlinerin Eva Janßen wird die seit gut sechs Jahren in Potsdam wirkende Christina Schütz die Aufführung leiten. Als künstlerische Leiterin der von ihr gegründeten Popkantorei sowie als Kantorin der Inselkirche von Hermannswerder geht sie immer wieder neue Wege – ob in Gottesdiensten, Konzerten oder in den von ihr initiierten Hermannswerder-Veranstaltungen „Zwischen Himmel und Havel“ mit ihren vielfältigen Denkanstößen. Erfolgreich verbindet sie traditionelle Musikstile mit der Popularmusik unserer Zeit. Es ist ihr wichtig, dass in der Kirche neben Bach und Mendelssohn auch Pop und Jazz erklingen.

In ihrem Ehemann Michael Schütz hat die Kantorin einen Partner gefunden, der musikalisch auf der gleichen Strecke unterwegs ist wie sie. Der am Institut für Kirchenmusik an der Universität der Künste in Berlin Popularmusik Lehrende ist als Begleiter von Künstlern wie Jennifer Rush, Klaus Doldinger, der German Brass oder der SWR BigBand sehr gefragt. Auch in der Trinitatisgemeinde in Berlin, in der er seit 2010 als Kantor arbeitet, ist sein Ziel, neben dem Bewährten auch Neues zu wagen. Da helfen ihm natürlich auch die eigenen Kompositionen, denen er sich seit Jahr und Tag mit Freude widmet und die für verschiedene Besetzungen entstehen.

Nun also die Luthermesse. Der Reformator hat die Musik als etwas Besonderes hervorgehoben. „Die Musica ist ein herrlich göttlich Geschenk. Ja, Musica ist aller Bewegung des menschlichen Herzens eine Regiererin. Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Fröhlichen traurig, die Verzagten herzhaftig zu machen, die Hoffärtigen zur Demut zu reizen, den Neid und den Hass zu mindern, denn die Musik“, schrieb Luther im Jahre 1538. Kann man Schöneres und Wahreres über die Musik sagen? 36 Lieder sind von ihm überliefert. Er schrieb und komponierte für den Gottesdienst, für die geistliche Auseinandersetzung und für den alltäglichen Gebrauch.

Für sakralen Raum benutzte Luther zunächst noch weitgehend den lateinischen Messetext, um die Gläubigen nicht allzu sehr in Irritationen zu bringen. Auch Michael Schütz benutzt für die Luthermesse die Gesänge in lateinischer Sprache. „Die Messe, genauer der Messetext, ist einer der Pfeiler der christlichen Kirche und ist zeitlos“, sagt der Komponist in einem Gespräch. „Zu allen Zeiten haben Komponisten den Messetext vertont. In dieser ,Tradition’ sehe ich meine Luthermesse. Sie soll auch einer der zeitgenössischen Bausteine sein, die die Reihe der Mess-Vertonungen fortsetzen.“ Ergänzt werden sie mit Liedern von Martin Luther, unter anderen von „En feste Burg ist unser Gott“, wohl dem bekanntesten Kirchenlied des Reformators. Die Konzertbesucher sind zum Mitsingen der Lutherlieder eingeladen. Barockmusik und Klassik findet man als Stilmittel in der Luthermesse, aber auch Filmmusik, Jazz, Gospel, oder die Pop-Ballade. „Als Musiker mit offenem Ohr bin ich wohl von allem beeinflusst“, resümiert Michael Schütz. Klaus Büstrin

Luthermesse von Michael Schütz am Samstag, 23. April, 19 Uhr, in der Inselkirche Hermannswerder, auch am Sonntag, 24. April, 15 Uhr, in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche Berlin.

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