zum Hauptinhalt

Kultur: Neidisch auf dieses Potsdam? „Die Schule der Ehemänner“ geprobt

Natürlich schaut man lieber auf Wasser als auf Blech. Aber immerhin öffnet sich beim Sommer-Open-Air im Gasometer des Hans Otto Theaters ja ein freier Blick nach oben.

Stand:

Natürlich schaut man lieber auf Wasser als auf Blech. Aber immerhin öffnet sich beim Sommer-Open-Air im Gasometer des Hans Otto Theaters ja ein freier Blick nach oben. Und der zeigt am gestrigen Freitagmittag zur öffentlichen Probe von Moliéres Komödie „Die Schule der Ehemänner“ das feinste sonnenbeschienene Himmelblau. Zur abendlichen Premiere am 15. Juni wird sich die Szenerie indes ins schummrige Abendlicht hüllen und künstliche Spots beleuchten dann das Treiben. Kein Wellenrauschen lenkt vom Geschehen auf der Bühne ab. Am besten man sieht es gelassen, dass das Geld für ein Freiluft-Vergnügen auf der Seebühne, wo ursprünglich der Moliére-Klassiker das Publikum unterhalten sollte, fehlt. 350 000 Euro für Technik und Zuschauersitze waren vom finanziell am Limit arbeitenden Theater ebenso wenig aufzutreiben wie offensichtlich von der Stadt. Also inszeniert Philippe Besson die von der jungen Autorin Katharina Schlender aufpolierte Barockkomödie um Herzflimmern und Intrigen nun im denkmalgeschützten Gasometer. Der gestern sympathisch improvisierte Vorgeschmack auf das Spektakel, das einen Bogen ins Heute schlägt, frohlockt schon mal kräftig die Sinne. Wenn Philipp Mauritz als übellauniger Sganarell ausruft: „Ich soll neidisch sein auf das Potsdam-Volk?“ erahnt man, dass dieses Spiel kein brav-biederes Geplänkel aus der Zopfzeit ist, sondern es locker-flockig und mit frecher Zunge anecken will. Die Schauspieler sind trotz früher Stunde bestens aufgelegt und trällern ihr musikalisches Medley als stimmgeschulte Rockröhren ins Rund. Auf der 14 Meter breiten Bühne läuft die Show, an deren Dreh- und Schrittfolgen Choreografin Marita Erxleben emsig feilt. Fast eine Woche hat das Team noch Zeit für den Feinschliff um das Duell der ungleichen Brüder Ariste und Sgnanarelle mit ihren so unterschiedlichen Sichten auf die Frauen.

Dass sich das mit roten Linien bemalte Gasometer als Spielort durchaus eignet, war bereits bei den Inszenierungen „Julia Timoschenko“ und „Hyperion“ zu erleben. Nun verwandelt sich die sonst als Betriebshof genutzte Blech-Arena für zehn Vorstellungen in die Schule für Männer. Dem Vergnügen steht nichts mehr im Weg, zumal das Waschhaus während der Spielabende auf sein Freilicht-Kino nebenan verzichtet. Es hätte seine Filme allerdings wohl auch eine Stunde später zeigen können. Offensichtlich fehlt es nicht nur an Geld, sondern auch an Kommunikation in dieser kopflosen Schiffbauergasse, die noch immer keinen Manager hat. Heidi Jäger

Premiere 15. Juni, 21 Uhr, HOT-Gasometer, Schiffbauergasse

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })