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Kultur: Nicht auf Ai Weiwei reduzieren Zehn Chinesen stellen in der Schinkelhalle aus

Die chinesische Dolmetscherin ist über die Frage, ob heute in China jeder alles ungestört fotografieren darf, zum Beispiel auch Orte mit Umweltverschmutzung, oder ob das die Regierung verbietet, äußerst irritiert. „Sie waren noch nicht in China, oder?

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Die chinesische Dolmetscherin ist über die Frage, ob heute in China jeder alles ungestört fotografieren darf, zum Beispiel auch Orte mit Umweltverschmutzung, oder ob das die Regierung verbietet, äußerst irritiert. „Sie waren noch nicht in China, oder?“, fragt sie zurück. Natürlich dürfe man alles fotografieren, sagt sie, es gebe da keinerlei Einschränkungen.

Auf diese typische Journalistenfrage am Rande der Vernissage für „Chinas schönste Landschaften“ reagiert auch Klaus Fahlbusch leicht allergisch. Der Potsdamer Fotograf und stellvertretende Vorsitzende des Brandenburgischen Verbands Bildender Künstler (BVBK) warnt davor, die chinesische Künstlerszene auf Ai Weiwei zu reduzieren. Doch wenn die Bilder der zehn chinesischen Star-Fotografen fast ausschließlich ein wunderschönes Bilderbuchland aus dem fernen Osten zeigen, fühlt sich der kritische Betrachter herausgefordert, die Auswahl von Fotograf und Bild zu hinterfragen. Die auf Grautöne reduzierten Fotos von Liu Ruixin, der den lächerlichen Kontrast der wuchtigen Architektur und des zerbrechlichen Statisten Mensch während der Expo 2010 in Shanghai fotografierte, sind fast die einzigen Fotos, die nicht in die Kategorie Natur fallen. In der Ausstellung in der Schinkelhalle präsentiert sich das Riesenreich überwiegend vorbildlich und einladend.

Die Fotografen-Delegation von National Geographic Beijing weilt derzeit im Rahmen des deutsch-chinesischen Künstleraustausches in Potsdam. Den aktuellen Anlass bot das China-Kultur-Festival, eine Initiative des Vereins Teehausgalerie, der seit Jahren mit dem Verein der Freunde der Freundschaftsinsel dort das Asiatische Kulturfestival „Feuer und Wasser“ ausrichtet. Die Vernissage in der Schinkelhalle mit chinesischer Musik und Tanz, mit feierlichen Reden und vielen Gästen, zeigte, dass das Festival mehr sein will als bloße Unterhaltung: „Die chinesischen Kollegen wünschen sich ausdrücklich, Potsdamer Fotografen kennenzulernen. Die meisten von ihnen waren noch nie in Deutschland beziehungsweise im Ausland“, so Fahlbusch, der den Austausch unterstützt. Auch Potsdamer Künstler weilten in den vergangenen Jahren im Land der Mitte, so die Vorsitzende des BVBK Marianne Gielen, der Maler Steffen Mertens und Inselgärtner Jörg Näthe.

Bis zu 20 Bilder von jedem Künstler sind in abgeteilten Arealen gehängt worden – so ergibt sich die Möglichkeit, relativ ungestört und unabgelenkt jeden einzelnen zu entdecken. Dass es in diesem Riesenreich nicht an Motiven mangelt, spiegelt sich erwartungsgemäß in den Bildern wider, von wilden bizarren Landschaften bis zu kleinsten überraschenden Details ist alles dabei. Tieraufnahmen, Stahlwerke und dazwischen plötzlich eine Flusslandschaft, die es so vielleicht auch in Brandenburg geben könnte, wären da nicht Hunderte orange-goldene Fische im Wasser. Ein Fotograf hat sich auf Höhlenbilder spezialisiert: Das sei gefährlich, aber den Himmel und das Licht durch die Öffnung perfekt einzufangen, sei für ihn eine Herausforderung, schreibt er.

Für Chinesen sei traditionell die Landschaftsmalerei und –fotografie eine Art Medium, mit dem sie metaphorisch arbeiten, um auch kritische Gedanken auszudrücken, sagt Anette Mertens, Vorsitzende des Teehausgalerie-Vereins. „Man muss eben genau hinsehen“. Denn selbstverständlich gebe es in China Künstler, die unter Repressalien leiden, und ja, man orientiere sich, was die Auswahl der Künstler betrifft, an denen, die dann auch aus China ausreisen dürfen, sonst habe das ja alles keinen Sinn. Steffi Pyanoe

Die Ausstellung „Abbilder Chinas“ ist noch bis Donnerstag, von 13 bis 18 Uhr, in der Schinkelhalle in der Schiffbauergasse geöffnet

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