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Von Richard Rabensaat: Nicht nur schön

Der Brandenburgische Verband Bildender Künstler zeigt Kunstwerke von neuen Mitgliedern

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„Was kann ich machen, das mich den ganzen Tag mit Freude erfüllt?“ hat sich Willi Selmer gefragt und es ist ihm auch eine Antwort eingefallen: Kunst, genauer gesagt Bildhauerei. Eine hagere Frauenfigur des Künstlers, die „der Seele beraubt ist“, schaut mit schmalen Augen auf die Besucher. Der Brandenburgische Verband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BVBK) zeigt Arbeiten von sieben Mitgliedern, die er im vergangenen Jahr aufgenommen hat. Selmer ist als Künstler Autodidakt, der einzige unter den Ausstellenden. Er habe immer schon Kunst gemacht, erklärt er. Studiert hat Selmer dann aber zunächst Bautechnik, bevor er sich ganz der finanziell eher unsicheren Perspektive der freien Kunst widmete.

Während Selmer das Aufnahmeverfahren problemlos durchlaufen hat, lehnte die Jury andere zwölf Bewerbungen ab. Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ist entweder ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder der Nachweis von künstlerischen Arbeiten, die den Maßstäben der Aufnahmejury entsprechen. Zwanzig Jahre existiert der BVBK nun, er hat 270 Mitglieder und repräsentiert als Berufsverband ungefähr 1000 Künstler in Brandenburg. „Nach dem Mauerfall sollte die Neugründung einen neuen Aufbruch bedeuten,“ erklärt die Vorsitzende Marianne Gielen.

Die Schwierigkeiten des Künstlerlebens schildert eine Installation von Annette Paul. Eingeschlagen in hübsches, violettes Blümchenmuster finden sich ein Stuhl, ein Tisch und ein Stapel Spielkarten. Auf denen beschreibt Paul in knappen Sätzen den nicht immer einfachen Alltag einer Künstlerin. „Das wichtigste Spielmaterial ist ihre Imagination. Mit ihrer Hilfe können sie gleich beginnen, Großes zu schaffen. Starten Sie in die Welt des sichtbar Werdenden und Bleibenden,“ fordert sie den Besucher auf. Im folgenden erfährt der Spieler dann aber, dass Beihilfebescheide des Jobcenters mit einem an sich erfreulichen Stipendium durchaus kollidieren und die Künstlerin arg in die Klemme bringen können. Nicht alles ist rosig im Künstlerleben.

Keinen sozialen, sondern einen musikalischen Anknüpfungspunkt wählt Ade Frey in ihrem Blatt: „Ballett der Küken in der Eierschale,“ für das Modest Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ offenkundig Pate stand. Filigrane Strichmuster unterlegen ein großes weißes Ei, das in der Mitte des Blattes prangt. Durch in das Papier eingebrannte Risse und Löcher muten die Formen wirklich an wie tanzend. Ganz im Gegensatz zu den bewegten Strichen Freys wölbt sich der runde Bauch auf dem Foto von Gabriele Styppa dem Betrachter ruhig und selbstgewiss entgegen. „Meine Arbeiten bewegen sich zwischen Malerei und Foto, beides interessiert mich gleichermaßen,“ erklärt die Künstlerin, die auch eine abstrakte Malerei präsentiert. Sehr malerisch hockt auch der kaschubische Vogel von Jolenta Dorszewska Pötting im Bild. Katrin von Lehmann wiederum zeigt die verfremdete Fotografie „Pro Forma“.

Da Annette Paul nicht als einzige mit den Widrigkeiten des Künstlerlebens zu kämpfen hat, bietet der BVBK für seine Mitglieder entsprechende Beratungen. Er sorgt für freien Eintritt in Potsdamer Museen und hilft in Rechtsfragen, beispielsweise bei der Verwertung von Bildrechten. Austauschprojekte, unter anderem in Bayern und Umbrien, sorgen überregional für eine Vernetzung des Vereins.

Warum Potsdam das Potenzial, das die bildende Kunst für die Stadt bereithält, nicht mit weit offenen Armen begrüßt, ist nicht so recht verständlich. Berlin verhält sich da ganz anders. Gerade mithilfe der bildenden Künstler als Aushängeschild schärft die Metropole ihr Profil bei den „Creative Industries“. Da sollte jedenfalls das Fenster, das die Produzentengalerie M derzeit in Potsdam noch darstellt, nicht geschlossen werden. Denn „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“, wusste schon Karl Valentin. Gesehen werden will die Kunst aber auch.

Die aktuelle Ausstellung mit Arbeiten der Neumitglieder 2009 ist noch bis zum 18. April, mittwochs bis freitags, 11-17 Uhr, samstags und sonntags, 11-18 Uhr; Hermann Elflein Straße 18, im Luisenforum, zu sehen

Richard Rabensaat

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