Von Heidi Jäger: Nicht Paparazzo, sondern Herzensfotograf
Das Filmmuseum zeigt ab 4. Juni eine Foyerausstellung des PNN-Fotografen Manfred Thomas
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Er ist ein Verführter. Wenn am Drehort die Klappe fällt, Promis über den roten Teppich stolzieren, unvergessene DEFA-Legenden sich treffen oder der Film-Nachwuchs von sich reden macht, nimmt Manfred Thomas die Fährte auf: Der Magie des Films erlegen. „Der PNN-Fotograf ist jedoch kein Paparazzo“, betont Dorett Molitor. Vielmehr sei er ein leidenschaftlicher Filmknipser, wie er selbst von sich sagt. Und jemand, der den Abzulichtenden ernst nimmt.
Ab Donnerstag werden 170 seiner Fotografien in einer Foyerausstellung im Filmmuseum gezeigt und damit 20 Jahre Babelsberger Filmgeschichte erzählt. Den Focus der Auswahl legten Dorett Molitor, Chefin des Filmmuseum-Archivs, und ihre Praktikantin Alexa Eberle, auf die vergangenen drei Jahre. Allein da mussten sie aus 7000 Fotografien auswählen, die sie im Archiv von Manfred Thomas sichteten.
Schon als 1990 eine neue Crew das Filmmuseum übernahm, war Manfred Thomas mit seiner Kamera begleitend dabei. „Er ist ein Freund des Hauses geworden. In 20 Jahren haben sich Tausende von Fotos angesammelt, die wir nun in unseren Bestand aufnehmen: analoge und digitale, alles ist bewahrenswert“, betont Dorett Molitor. Sie haben für die Ausstellung „Nicht Paparazzo, sondern Herzensfotograf“ fast tagespolitisch gearbeitet, denn der Fotojournalismus sei ja kein historisch abgeschlossenes Gebiet. Und so gibt es auch Aufnahmen von der Berlinale und von dem Deutschen Filmpreis 2009, natürlich mit den erfolgreichen Protagonisten von „Wolke 9“. Auch für PNN-Leser werde es Entdeckungen geben, so Dorett Molitor: mit Fotos, die bislang nicht veröffentlicht wurden und durch thematische Verknüpfungen, auf die sie bei der Auswahl Wert legten. Vor allem aber durch die großen Formate, durch die regelrecht eine Verwandlung der Bilder stattfinde. „Wir haben uns für Großzügigkeit und damit für Qualität entschieden, so dass der Betrachter in den Porträts versinken kann.“ Wie bei Robert de Niro, wenn er konzentriert am Bühnenrand steht, kurz bevor er in Karlovy Vary für sein Lebenswerk geehrt wird. Oder im Angesicht der Drehbuch schreibenden Filmlegende Wolfgang Kohlhaase, der überglücklich die Küsse der jungen Schauspielerinnen Nadja Uhl und Inka Friedrich nach dem großen Erfolg des Dresen-Films „Sommer vorm Balkon“ genießt. „Das sind Fotos mit Tiefe. Und das hat nicht nur etwas mit Erfahrung zu tun, sondern mit Manfred Thomas’ offener und herzlicher Art. Er hat keine Berührungsängste, versteckt sich nicht hinter der Kamera. Sie ist vielmehr sein verlängerter Arm“, sagt Dorett Molitor. Auch er müsse gelegentlich brüllen, um sich in extremen Situationen, eingekeilt von anderen Fotografen, zu behaupten, Stars wie Brad Pitt, Angelina Jolie oder Tom Cruise mit einem Blick einzufangen. „Doch er versucht durch Respekt und Freundlichkeit, ein gewisses Ethos zu bewahren. Man muss unter Zeitdruck sehr schnell eine Beziehung aufbauen, und dabei hat er im Laufe der Jahre Professionalität entwickelt“, bescheinigen ihm die Museums-Frauen.
In der Ausstellung wird auch erzählt, wie Manfred Thomas über seine Leidenschaft zum Fußball zur Fotografie kam. „Erst hat er aus den Rängen heraus geknipst, doch dann ist er ziemlich schnell aufs Feld gepirscht“, so die Austellungsmacherinnen. Damals arbeitete er als Maurer, Rüster, Gebäudereiniger und schaffte es schließlich als Volkskorrespondent, erste Fotos in der Fußballwoche, bei der Märkischen Union, später bei den PNN, zu veröffentlichen. Seine Hoffnung auf eine Ausbildung an der Fachschule für Fotografie in Caputh erfüllte sich jedoch nicht: dafür bestand „keine gesellschaftliche Notwendigkeit“ und somit bekam er auch nicht die Delegierung aus der Volkswirtschaft. Die Wende öffnete ihm dann ganz unbürokratisch neue Türen, er wurde als freischaffender Journalist zugelassen und 1990 verantwortlicher Bildredakteur bei den heutigen PNN.
„Die Filmobzession von Manfred Thomas und der Aufschwung der Studios in Babelsberg ergänzen sich perfekt“, sagt Dorett Molitor. Unbegreiflich sei es für „Thommy“ nur, dass die Stadt und der Oberbürgermeister so wenig mit den filmischen Pfunden vor Ort, mit denen sie wuchern könnten, anzufangen wissen. „Gerade weil Manfred Thomas nicht nur zu den Hollywood-Stars auf der Berlinale fährt, sondern auch sieht, was auf Filmfesten in Cottbus, Schwerin oder Karlovy Vary auf die Beine gestellt wird, um den Film und seine Macher zu feiern, beklagt er die Ignoranz der eigenen Stadt“, so Dorett Molitor. „Je besser es Babelsberg geht, um so besser geht es Thommy. Und um so besser ist es auch fürs Filmmuseum“, sagt die Archiv-Chefin.
Und wie schnell aus dem Drehort Potsdam Lorbeer-Kränze für Hollywood geflochten werden, zeigen die leuchtenden Gesichter von Roman Polanski, Kate Winslet, David Kross oder Stefan Ruzowitzky. Auch sie kamen an „Thommy“ nicht vorbei – ohne ihm zuzulächeln.
Anlässlich der Vernissage am 4. Juni um 19. 30 Uhr laufen die Filme „Warten auf Angelina“ (18 Uhr) und „Privatleben“ (20.15 Uhr).
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