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Kultur: Potsdam- Berlinale: „Was am Ende zählt“

Die Berlinale gibt ein Nachspiel im Potsdamer Filmmuseum. In aller Ruhe kann auf der „Perspektive Deutsches Kino 2007“ eine Auswahl an heimischen Produktionen betrachtet werden, darunter auch ein Film, der mit Beteiligung der Babelsberger Filmhochschule (HFF) entstand.

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Die Berlinale gibt ein Nachspiel im Potsdamer Filmmuseum. In aller Ruhe kann auf der „Perspektive Deutsches Kino 2007“ eine Auswahl an heimischen Produktionen betrachtet werden, darunter auch ein Film, der mit Beteiligung der Babelsberger Filmhochschule (HFF) entstand.

Die 1977 geborene Regisseurin von „Was am Ende zählt“, Julia von Heinz, hat dort als künstlerische Assistentin gearbeitet. Die Rolle des heroinsüchtigen Michaels besetzte sie zudem mit Benjamin Kramme, der im Sommer seinen Abschluss an der HFF machen wird. Der stand den Zuschauern neben einer der beiden Hauptdarstellerinnen, Paula Kalenberg, und dem Produzenten Jörg Trentmann zum Filmgespräch zu Verfügung.

Die 20jährige Kalenberg spielt Carla, eine der beiden so unterschiedlichen jungen Frauen, die zu Freundinnen werden. Am Anfang will Carla nur fort von hier. Mit geklautem Geld und einem schicken Kleid steigt sie in den Zug nach Frankreich. Wie schnell kann man alles verlieren? Die Regisseurin bereitet in ihrem Debütfilm die erste ihrer jungen Heldinnen mit schnellen, harten Schlägen auf das Leben vor. Erst wird ihr Portemonnaie geklaut, dann ihr übriges Gepäck. Geld, Pläne, Zukunft, ein bisschen auch die Identität: Alles weg. Ein Blick in das aufregend neue Gesicht der jungen Schauspielerin, die u.a. unter Leander Haußmann Schillers „Kabale und Liebe“ verfilmt hat, genügt, um die Tiefe des plötzlichen Falls zu ermessen. Kurz vorher zeigt eine melancholische Porzellanschönheit ihren Stolz, nun sieht man unendliche Verlassenheit.

So getroffen begegnet ihr die im Heim groß gewordene Lucie, gespielt von Marie-Luise Schramm. Die beiden werden Freunde. Carla wird schwanger, und weil sie keine Papiere mehr hat, bekommt sie das Kind unter Lucies Namen. Eine kleine Familie entsteht, ein Glück, ein kurzer, fragiler Ausgleichszustand zwischen dem Fernweh Carlas und dem Heimweh Lucies. Klar, so glücklich wird es nicht bleiben. Die Monate vergehen, alles bewegt sich auf die Geburt von Carlas Kind zu. Von Heinz gelingt es ohne Weichzeichner die Ängste und Nöte von jungen Schwangeren abzubilden. So naturalistisch, dass Paula Kalenberg als erstes klar stellt: „Ich habe kein Kind bekommen!“ Der täuschend echte Silikonbauch von Nina Hoss aus „Die weiße Massai“, der hier zum Einsatz kam, wie Kalenberg verriet, wirkt genauso authentisch ihre Geburtswehen und Säuglingspflege. Die Schauspielerin hat dafür mit Hebammen und mit ihrer Mutter gesprochen, die auch sehr früh ihr erstes Kind bekam. Um die ersten Schwangerschaftsmonate glaubwürdig darzustellen, reichte es ihr, bis zu vier Liter Wasser zu trinken.

Benjamin Kramme hat sich noch nicht entschieden, ob ihm Rollen im Theater oder im Film mehr liegen. Seltsamerweise würde er auf der Bühne immer den jugendlichen Liebhaber spielen, wie auch schon am Hans Otto Theater, im Film hingegen „den Psycho, den Alkoholkranken oder den latent Aggressiven“. Das trifft auch auf den Film-Michael zu, der als Junkie maliziös das „Elternglück“ von Carla und Lucie stört, indem er permanent vor dem Fernseher liegt und sich bedienen lässt.

„Was am Ende zählt“ ist ein „echt“ wirkender Film, der seine Geschichte auf leise Art erzählt. Dahinter verbirgt sich aber auch Märchenhaftes. Julia von Heinz hat mit den Figuren von Carla und Lucie dem unklaren, geheimnisvollen Erfahrungsraum, der zwischen Mädchensein und Frauwerden liegt, eine einfühlsame Gestalt von Sehnsucht, Zuneigung und Verantwortung gegeben.

Matthias Hassenpflug

Matthias Hassenpflug

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