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Kultur: Potsdam on Air

DazwischenFUNK: Freies Radio Potsdam

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Nach diesem Radiostudio dürfte sich so mancher Privatsender die Finger lecken. Das Freie Radio Potsdam sendet ab 18. April direkt vom Platz der Einheit. Die großen Fensterscheiben im Erdgeschoss des „Haus des Reisens“ blicken auf die Hauptpost. Jeder, der an der Ampel anhalten muss, schaut unwillkürlich in den Senderaum. So soll es sein: ein Mitmachradio. Für alle Potsdamer offen, für alle Potsdamer zu hören. Denn das Radio „DazwischenFUNK“, das seit einem Jahr auf einer Initiative von fünf jungen Potsdamer entwickelt wird, gehört zu einer Reihe von rund 150 ähnlichen Projekten, die nicht-kommerziell und werbefrei sein wollen.

Der Bürgerfunk hat eine lange Tradition, die bis in die Weimarer Republik zurück reicht. Ein Kuriosum bildet der Berlin-Brandenburger Raum. Nur hier und im Saarland lässt das gültige gemeinsame Landesmediengesetz diese Radioform nicht zu. Bis jetzt. Während Berlin die Gesetzesnovelle bereits verabschiedet hat, tut sich Brandenburg noch schwer. Mit dem Sendemonat, der am 12. Mai mit einem Livekonzert endet, wollen die Macher nicht nur alle Interessierten für ihre Idee einnehmen. Sie verstehen sich auch als Lobbyisten in Sachen „Radio von unten“. Sie wollten extra kein Internetradio machen, erzählt Katrin Nicke, die Humangeographie an der Universität Potsdam studiert.

Über die nun als „Veranstaltungsfrequenz“ zeitweilig vergebene UKW-Sendefrequenz 95,2, irgendwo zwischen Radio Multikulti, rs2 und Radio eins, erreichten sie durchschnittlich 2 Prozent aller Hörer. Rein rechnerisch sind das gut 1000 Potsdamer. Frequenzen sind rar, die Technik ist teuer. Das Freie Radio freut sich über Sachspenden und Unterstützung, wie sie von der Agentur „kunsttick“ möglich wurde, die ihnen die Räume zur Verfügung stellte. „An sich“, rechnet Nicke vor,“sind wir billig“. In anderen Bundesländern lässt sich ein ehrenamtlicher Hörfunkkanal für 30.000 bis 60.000 Euro finanzieren. Oft werden dafür GEZ-Gebühren eingesetzt. Voraussetzung allerdings wäre auch hier eine Abmachung mit der GEMA, auf Urhebergebühren weitgehend zu verzichten.

Nun erst einmal haben die Leute vom Freien Radio Potsdam es geschafft. Vorarbeit leistete wohl die Kunstinitiative „Himmlische Vier“, die im letzten Jahr auf sich aufmerksam machte. Im Prinzip soll jeder Programm machen können, „sofern es nicht verfassungsfeindlich ist“. Die Stadtradioerfinder nehmen diesen Auftrag sehr ernst. Jeder der will, kann e-mailen, anrufen oder hereinkommen.

Der eigentliche Radiosender steht in der Zeppelinstraße. Die Sendungen aus dem Studio werden dorthin über das Internet geschickt. Fest steht schon die erste Sendung, am nächsten Dienstag um 20 Uhr. Dann wird zunächst das Konzept Freies Radio vorgestellt. Wunschmusik kann bestellt werden. Weitere Programmplätze stehen noch offen. „Wir wollen allen jenen eine Stimme geben, die im kommerziellen Radio keine besitzen“, sagt Katrin Nicke. Gespräche habe man bereits mit dem Oberlinhaus, dem Autonomen Frauenzentrum und Umweltinitiativen geführt. Mit der Stadt Potsdam aber noch nicht. Der Programmschwerpunkt heißt für die nächsten vier Wochen „Sex und Gender“. Ein Nachrichtenformat, das dienstags bis freitags halbstündig läuft unter der Bezeichnung „ROTZ - Radio ohne Tabus und Zensur“. Hier könnte auch die Stadtpolitik diskutiert werden. Man kann sich auch Lesungen, Konzerte oder Hörstücke vorstellen. Matthias Hassenpflug

DazwischenFUNK, F.-Ebert-Str. 115, www.freiesradiopotsdam.defreiesradiopotsdam@gmx.deStudiotelefon: 0176 - 62097417

Matthias Hassenpflug

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