Kultur: Potsdam, Polen und Antike
Wolfgang Liebert zeigt nach acht Jahren seine Bilder wieder in Potsdam
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Wolfgang Liebert zeigt nach acht Jahren seine Bilder wieder in Potsdam Von Klaus Büstrin Die Ruine des Turms der Garnisonkirche konnte Wolfgang Liebert fast täglich vom Fenster aus sehen, wie dort die Vögel ihre flattrigen Spiele trieben, wie Wildwuchs auf den Steinen Wurzeln ansetzte. Dem angehenden Baumaler, der im „Bauhof“ seine Lehre absolvierte, interessierte schon damals das barocke Gebäude, dessen Turmruine immer noch imponierend wirkte und sich mahnend über Potsdam erhob. Der künstlerisch begabte Wolfgang Liebert nahm den Zeichenblock zur Hand, und bannte mit Kreide und Kohle 1963 den Turm auf“s Papier. Erst unlängst hat Wolfgang Liebert das Blatt in seiner umfangreichen Sammlung wieder entdeckt. Direkt gegenüber, wo die Garnisonkirche wieder entstehen soll, hängt nun die Zeichnung Lieberts, im Haus der Industrie- und Handelskammer (IHK) in der Breiten Straße. Gestern Abend wurde in deren Räumen eine Ausstellung mit Werken des Potsdamer Künstlers eröffnet. Rund 60 Werke sind auf mehreren Etagen zu erleben. Die zum Teil spannende Innen-Architektur gibt interessante Durchblicke zu den Bildern, die in verschiedenen Techniken gemalt wurden: in Mischtechnik, mit Ei-Tempera, Öl auf Leinwand und mit Pastellfarben. Seit gut acht Jahren hat Wolfgang Liebert nicht mehr in Potsdam ausgestellt, letztmalig 1996 in der Galerie Jordan. Und so ist das IHK-Angebot ein höchst Erfreuliches, für den Künstler und für Kunstfreunde. Gäste, die in der „Kammer“ nicht mit Dienstlichem beschäftigt sind, sind zur Ausstellungsbesichtigung jederzeit herzlich willkommen. Potsdam, Polen, Italien und die Antike sind die gegenwärtigen Themen des Malers. Neben dem Garnisonkirchen-Bild hängen weitere Potsdam-Motive: der abendliche Kreuzgang an der Friedenskirche, der winterstille, fast unwirklich scheinende Marlygarten, in dem sich ein blasender Faun verirrte, und der immer wieder beeindruckende , hier sehr temperamentvolle Blick vom Belvedere auf dem Klausberg zur Kuppel des Neuen Palais. Der Beschäftigung der Hohenzollern mit der Kunst ist Wolfgang Liebert stets auf den Fersen. Während seiner sommerlichen Tätigkeit im Besucherservice der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten kann er in die kostbaren Sammlungen der Preußenkönige eintauchen, auch wenn manchmal nur ein kurzer Blick auf dieses oder jenes Bild bzw. Skulptur genügen muss. Die Antike ist immer wieder d a s Thema des 18. und 19. Jahrhunderts gewesen. Die in dieser Zeit entstandenen künstlerischen Interpretationen der klassischen Antike regten auch Wolfgang Liebert zu Auseinandersetzungen mit ihr an. Seine Bilder „Vita Nova“ (Die neue Zeit) oder die „Archteypen“ – durchaus kunstvoll gemalt – erschließen sich dem Betrachter nicht sofort. Ihre Enträtselung bedarf mancherlei Kenntnisse in der Kunstgeschichte. Liebert hat sich in den vergangenen Jahren intensiv damit befasst. Und so spürt man, dass es ihm ein Herzensbedürfnis ist, sich in die alte europäische Kunst des Südens malerisch und geistig hinein zu begeben. Die Ergebnisse wirken jedoch hin und wieder kopflastig. Klar, dass er auch immer wieder gern nach Italien reist. Dabei besucht er die Museen, bestaunt die Werke der großen Meister: Giorgione, Leonardo da Vinci ..., kopiert sie, um sich ganz in den Geist und die Maltechnik der Alten hinein zu versetzen. Liebert scheut sich nicht, einige seiner Kopien auszustellen. Er nennt sie „Vor-Bilder“. Sein Weg führt ihn auch durch die stillen und engen Gassen von kleinen Städten Italiens, deren Atmosphäre der Künstler mit Pastellfarben festgehalten hat. Man kommt immer wieder zu diesen Bildern zurück, weil ihr Zauber sich unmittelbar mitteilt. Liebert wurde vor 60 Jahren in Meseritz in der Neumark, heute Polen, geboren. 1945 siedelte er zunächst mit seiner Mutter in die Prignitz um, 1951 kam er nach Potsdam. Seit der Wende fährt er regelmäßig in seine alte Heimat. Und dort entstanden wohl einige der eindrucksvollsten Gemälde, die in der IHK zu sehen sind: das Rapsfeld nach einem Gewitter, der Winterabend im Stadtpark von Brody, die Herbstlandschaft, Die roten Häuser. Oder auch „Mariä Lichtmeß“, ein Feiertag in katholischen Gegenden, der am 2. Februar begangen wird. Ein Lichtstreifen fällt vom Himmel, das erste Grün zeigt sich – ein Hoffnungszeichen. Es sind Gemälde, die Kraft und Schönheit besitzen. Davon bitte mehr! Ausstellung Wolfgang Liebert, IHK-Gebäude, Breite Straße 2a-c, bis 14. Januar, Mo-Fr 9 bis 18 Uhr.
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