Kultur: Preis gegen Seelenlosigkeit
Einheitspreis 2005: Diskussion im Waschhaus
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Einheitspreis 2005: Diskussion im Waschhaus Jeder kann mitmachen beim Einheitspreis, den die Bundeszentrale für politische Bildung zum vierten Mal in den Kategorien Lebenswelten, Medien, Jugend und Kultur mit je 10000 Euro vergibt. Ein Bürgerpreis, der gerade nicht „prominente Hot-Shots“ für ihr Engagement für die innere Einheit des Landes herausstellt, sondern jene bislang Namenlosen, die alleine, im Verein oder in einer Initiative für den Zusammenhalt der Zivilgesellschaft einsetzen, wie Thorsten Schilling von der Bundeszentrale im Waschhaus erklärte. Um den vom RBB, der Bildzeitung, freenet und dem Uhrenhersteller Wempe unterstützten Preis bekannt zu machen, wurden mit Thomas Vogel von Radio Fritz, Michael Wegener vom Waschhaus und Kay-Patrick Bockhold vom Maulwurf e. V. ins Waschhaus zu einer Talkrunde eingeladen. Die drei stehen mit ihrer Arbeit beispielhaft für bürgerschaftliches, gemeinschaftsförderndes Tun. Thorsten Vogel fährt mit der Fritz-Disco seit 13 Jahren durch das Brandenburger Land, um die Werte, für die Radio Fritz steht, Offenheit und Toleranz gegenüber allem „außer Rechts“, durch gut besuchte Partyveranstaltungen zu vermitteln. Er ist auf engagierte Partner, manchmal „urige Gasstätten mit einer guten Anlage im Hinterzimmer“, in den Regionen angewiesen und spricht aus Erfahrung: „Der Eindruck, Brandenburg wäre eine Wüste, ist komplett falsch“. Kay-Batrick Bockhold saniert mit straffällig gewordenen Jugendlichen das Varieté-Theater Walhalla in der Dortustraße. Die meisten von ihnen haben noch nie gearbeitet. Mit dem nötigen Druck und einem strikten Leistungsprinzip bei den Bauarbeiten soll die Integration gelingen. Den größten Teil seiner Kraft koste jedoch nicht die Arbeit mit den Jugendlichen, sondern die „Projektsicherung“ in der Auseinandersetzung mit dem Sanierungsträger und dem Entwicklungsträger, Ämtern, die sich zum Teil gegenseitig widersprechen. Ist die Anerkennung durch die Landesbehörden und Ministerien und den Sachbearbeitern der Stadt vorhanden, vermisst Bockhold gerade bei der entscheidenden städtischen Leitungsebene Unterstützung für seine Arbeit. „Da sitzen Menschen mit ganz wenig Verständnis“. Die Seelenlosigkeit der Behörden wäre zum Teil "unfassbar". Auch Michael Wegener hat mit Schwierigkeiten zu kämpfen, die außerhalb seines „kulturellen Wirtschaftunternehmens“ mit 75 Prozent Eigenerwirtschaftungsanteil und 160000 Nutzerkontakten liegen. „Eine neue Dimension von Problemen“, wie er empfindet, „ich weiß auch nicht, wie wir das überleben“. Im Hintergrund tobe ein Gezerre zwischen Sanierungsträger und GEWOBA um ihre Begehrlichkeiten um den Kultur- und Gewerbestandort Schiffbauergasse, der vor elf Jahren durch die Gründung des Waschhauses überhaupt erst seinen Ruf erhalten hat. „Da wird eine Immobilie vermarktet“, so Wegener, der in diesen Vorgängen „totale Seelenlosigkeit“ der Beteiligten sieht. Sein Traum: dass nach Fertigstellung des Geländes samt Zentrum für Soziokultur (ZKS) alle jene sich zurückzögen, die dort nicht kulturell tätig sind. Bis zum 31. August kann jeder sich bewerben oder Vorschläge machen, selbst jene Initiativen, die in Gründung sind. Die Preisvergabe erfolgt am 2. Oktober, mitten in den Feierlichkeiten zum 15. Tag der deutschen Einheit, wird er von der Jury verkündet. Matthias Hassenpflug Info: www.einheitspreis.de
Matthias Hassenpflug
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