
© Manfred Thomas
Wird es künftig keinen G 8-, sondern einen G 9-Gipfel geben? Kann das „8. Wonderland“ die Mächtigen aufmischen und den großen Ungerechtigkeiten der Welt den Garaus machen? Der Film „8. Wonderland“ schürt diese Hoffnung auf eine weltweite Demokratie – und zeigt sogleich die Fußangeln.
Die französischen Regisseure Nicolas Alberny und Jean Mach demonstrieren in ihrem zwischen Politthriller, Realsatire und Science Fiction angesiedelten Streifen (siehe Rezension gestern in den PNN), wie Hunderte von Menschen den ersten virtuellen Staat gründeten und kraft der sozialen Vernetzung zu den Rächern der Verlierer der globalkapitalistischen Welt werden. Dabei greifen die Bewohner allerdings zu Methoden, die der Brutalität der RAF in nichts nachstehen. Wenn sie beispielsweise einen künftigen Diktator in Südamerika einfach erschießen oder den Kindern von G 8-Politikern das HIV-Virus spritzen, so dass deren Väter sich endlich ernsthaft um das Thema Aids kümmern.
Am Mittwoch kam Nicolas Alberny ins Thalia-Kino, um über seinen Film vor einem recht überschaubaren Zuschauerkreis zu reden, der sich allerdings sehr angetan von der Vision eines Netz-Staates zeigte. Wie der Regisseur betonte, glaube er durchaus, dass so ein virtuelles Land, dessen Bürger sich im Videochat treffen und darüber abstimmen, welches Weltübel sie als nächstes anpacken, entstehen könnte. „Das Internet ist bereits jetzt eine reale Macht. In Facebook kann man sich in Gruppen zusammenfinden und kommunizieren. Als wir vor vier Jahren mit den Film begannen, gab es dort vielleicht 100 Mitglieder, heute sind es sicher eine Million.“ Noch gehe es nicht in eine politische Richtung, aber auch das könnte passieren. „Die Voraussetzung ist das Verlangen, etwas verändern zu wollen.“
Die Regisseure setzten den Grundstein für ein solches politisch aktive „Land“. Nicht nur in ihrem Film. Sie gründeten im Nachhall eine Internetseite, die bereits 6000 Einwohner bevölkern. Die Mehrheit kommt aus Frankreich, aber in Kamerun oder Indien gibt es Wonderlandler. Und auch in Deutschland, die sich auf der Seite www.8wonderland.org. einbürgerten. Gemeinsam stimmten sie bereits über eine eigene Verfassung ab und initiierten erste Aktionen. Denn anders als „Second life“, das sich nur im Internet abspielt, will Wonderland reale Aktionen anzetteln. Mit der Verantwortung, die dazu gehört. Und auch mit den Folgen. Denn mit ihrer Flyer-Aktion „Ihr Präsident gefällt Ihnen nicht?“, riefen sie auch die französische Polizei auf den Plan. Derzeit fordern sie, Tiefseebohrungen weltweit zu verbieten.
Wie Nicolas Alberny sagte, wollte der Film keine Moral vorgeben. Seine politische Botschaft ist jedoch unüberhörbar. Das 8. Wonderland als achtes Weltwunder? Heidi Jäger
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