
© Jäger
Kultur: Reine Spielfreude unter freiem Himmel
Am 20. Mai wird das friderizianische Heckentheater im Park Sanssouci mit Voltaires „Candide“ eröffnet
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Auch wenn kurz vor dem 3. Advent nicht gerade sommerliche Gefühle aufwallen, wird die Fantasie doch schon schwungvoll in die warme Jahreszeit getrieben. Das erste Regieteam für das rekonstruierte Heckentheater hat schon mal auf der grasgrünen Bühne Stellung bezogen. Und auch der Hausherr kommt mit ein paar Minuten Verspätung angeeilt und erklimmt lässig das umpflanzte, 20 mal 20 Meter große Open-Air-Podest. „Bei so viel Baustellen kommt man gar nicht mehr durch den Park“, sagt Hartmut Dorgerloh hoch erfreut zu den frierenden Journalisten. „Friedrich hat offensichtlich noch immer gute Kontakte zu den Wettergöttern, so dass wir zu seinem Jubiläum im kommenden Jahr noch viel fertigstellen können,“ so der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten.
Und für wahr, es lässt sich schon bestens erkennen, was die Zuschauer ab 20. Mai 2012 hier am Nordtor neben dem Neuen Palais erwartet. Die alte Struktur des Heckentheaters wurde wieder akribisch herausgeschält: Die Gehölzkarrees sind nachgepflanzt, der Orchester-„graben“ angelegt, die alten Hainbuchen „auf Stock“ zurückgeschnitten, so dass sie wieder frisch austreiben können. Wo die Zuschauer künftig Platz nehmen, sind allerdings noch Erdhaufen verteilt, die zum hellen tritt- und regenfesten Sandspiegel verdichtet werden sollen. Kaum mehr vorstellbar, dass dieses so sinnfällig in die Landschaft eingebettete Freilufttheater völlig überwuchert und nicht mehr sichtbar gewesen war. Dank der Spendengroßzügigkeit des Vereins Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten, der relativ schnell 200 000 Euro sammelte, konnte dieses wichtige Zeugnis der Garten- und Theaterkunst in anderthalb Jahren nach alten Zeichnungen rekonstruiert werden.
Während die ersten Aufführungen im Mai vornehmlich den Vereinsmitgliedern vorbehalten sind, können vom 30. Juli bis 5. August 2012 auch alle anderen Theaterfreunde hier auf ihre Kosten kommen. Das freilufterfahrene Hexenkessel Hoftheater, das sonst im Berliner Monbijoupark für volle Ränge sorgt, macht einen Abstecher nach Potsdam. Und wird auch hier der Commedia dell’arte die Sporen geben. Voltaires satirische Novelle „Candide“ werden die Komödianten erstmals für die Bühne bearbeiten und wie Regisseur Alberto Fortuzzi sagte, kehre damit die reine Spielfreude in das Heckentheater ein. „Voltaire war ein großer Dramatiker und schon mit 20 Jahren berühmt. Im Candide ist dieser Dramatiker auch zu sehen.“ Dieses Stück komme mit viel Witz, Aktion und inhaltlichem Biss daher, so der Theatermann aus Neapel.
Friedrich II. habe zwar auch Komödien geschrieben und versucht, Moliere nachzueifern, aber er war damit nicht unbedingt erfolgreich. So gelangt nun also zu seinem 300. Geburtstag eine Geschichte des hassgeliebten Freundes Voltaire auf die Bühne. Und die beschreibt, wie sich Gutes und Böses die Waage halten. Voltaire entlarvt darin Utopien und Heilslehren, und sagt, dass das Paradies auf Erden Illusion sei. Er setzt den Mut zur Arbeit, wenn nicht als letzten Sinn des Lebens, so doch als Möglichkeit, es mit Würde zu bestehen, entgegen. Ob Stücke Friedrichs im Heckentheater je zur Aufführung gekommen sind, sei unbekannt. „Wir wissen nicht, was dort gespielt wurde“, so Hartmut Dorgerloh. „Das ist ein neuer Forschungsauftrag. Auf jeden Fall hatte Friedrich einen sehr konservativen Musik- und Theatergeschmack. Sicher ließ er italienische Singspiele geben.“ Das Heckentheater wurde ab 1769 mit Fertigstellung des Neuen Palais bespielt und bis Mitte des 19. Jahrhunderts genutzt. Dann hielt der Kaiser dort seine Hunde.
Sollte es während des freiluftigen „Candide“ regnen, kein Problem: Das Schlosstheater steht als Alternative zur Verfügung. Jedenfalls noch 2012. Ab 2013 wird dann in Folge der Dachsanierung am Neuen Palais das Rokokotheater für wahrscheinlich zwei Jahre schließen. „Nach den Musikfestspielen“, so Dorgerloh. Ein Problem für die Potsdamer Winteroper ebenso wie für I Confidenti oder die Potsdamer Hofkonzerte. „Ich habe 2012 noch vier erlaubte Veranstaltungen im Schloss. Was ab 2013 passiert, lasse ich auf mich zukommen“, so Barbara V. Heidenreich auf Nachfrage. Open-Air-Veranstaltungen im Heckentheater sind für die Hofkonzerte-Chefin jedenfalls keine Alternative.
Grundsätzlich stünde das Heckentheater mit seinen rund 250 Plätzen allen Interessenten offen, sei es dem Poetenpack oder den Hofkonzerten, wie Dorgerloh zuvor betont hatte. Heidi Jäger
Kartenvorverkauf ab 20. Januar. Vorbestellungen unter info@freunde-psg.de
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