
© Andreas Klaer
Kultur: Rückblick nach vorn
Am heutigen Samstag wird die Ausstellung „Die Garnisonkirche. Fragmente & Perspektiven“ eröffnet
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Georg Marschall (1871-1956) posiert auf einer Fotografie vor einem Gemälde, das Hindenburg und Hitler mit ihrem berühmt-berüchtigten Handschlag zeigt. Der Historien- und Landschaftsmaler hat es selbst gemalt, kurz nachdem die Euphorie über die Begegnung zur Reichstagseröffnung am 21. März 1933 in der Potsdamer Garnisonkirche sich ins fast Grenzenlose überschlug. Dieses Foto fand in der neuen Dauerausstellung zur Garnisonkirche, die am heutigen Samstag eröffnet wird, seinen Platz. Der „Tag von Potsdam“ ist das bekannteste politische Ereignis, das sich bei vielen Menschen seit 1933 eingebrannt hat, wenn sie an die Garnisonkirche denken.
Der später zur Bekennenden Kirche und zum Widerstandskreis gegen Hitler gehörende Potsdamer Schriftsteller Harald von Koenigswald war von diesem „Tag von Potsdam“ begeistert. In seinem Potsdam-Essay von 1936 bemerkte er, dass sich in diesen Stunden „ein neuer politischer Wille vor dem ehrwürdigen Zeugen einer ruhmreichen Zeit verneigte, um dann gemeinsam am Sarge Friedrichs des Großen den preußischen Tugenden zu huldigen“. Selbst ein führender Widerständler gegen Hitler wie Henning von Tresckow begrüßte zunächst die enge Verbindung altpreußischer Tugenden mit den Ideen des Nationalsozialismus. Von seinem Balkon seiner Wohnung, die sich neben der Garnisonkirche befand, verfolgte er das militärische Ritual beim Treffen von Hitler und Hindenburg.
Irren, doch auch Erkennen geben sich oftmals die Hand. Besonders in der Garnisonkirchen-Gemeinde, in der militärischen wie in der zivilen, wurden die Kritiker am Nationalsozialismus immer mehr. Pfarrer der Bekennenden Kirche predigten hier, sodass viele Christen aus anderen Gemeinden Potsdams die Gottesdienste in der Kirche in der Breiten Straße bevorzugten.
Das Gotteshaus sei aufgeladen mit historischer Bedeutsamkeit, sagte der Direktor des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Kurt Winkler, während der Presse-Vorbesichtigung der Ausstellung. „Wenn man sich mit dieser Kirche auseinandersetzt, sollte man sich über sie informieren, in all ihren unterschiedlichen Facetten.“ Die Garnisonkirche könne man nicht nur auf den „Tag von Potsdam“ reduzieren. Kurator Thomas Wernicke, der für den historischen Teil verantwortlich zeichnet, geht selbstverständlich den Geschehnissen vom 21. März 1933 nach. Doch die gesamte Vielfalt der Geschichte des Gotteshauses, die der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. bauen ließ und 1732 einweihte, kommt eindrucksvoll zum Tragen, denn schließlich ist es mit preußischer und deutscher, sowie mit kirchenpolitischer Geschichte eng verbunden. Die bedeutsame Architektur, die künstlerische Ausgestaltung, die kirchenmusikalische Präsenz unter anderem mit dem berühmten Glockenspiel und der spirituelle Ort sind dagegen nur am Rande vermerkt. Die geringe Ausstellungsfläche reichte für eine ausführliche Würdigung wohl nicht. Auf Lesefahnen wird informiert. Dazu gibt es eine Hörstation und die Film-Dokumentation von der Sprengung der Kirche am 23. Juni 1968 durch die SED-Oberen.
Die Texte kommen ohne langes Schwadronieren aus. Kurz und knapp stellt Kurator Thomas Wernicke die Geschichte der Garnisonkirche vor, gibt vielfältige Informationen und ordnet einzelne Ereignisse in die Historie und Gegenwart ein. Dokumente und Fotografien illustrieren trefflich das zu Lesende. Einige originale Exponate haben in der Schau Platz gefunden, darunter die große barocke Taufschale mit einem Monogramm Friedrich Wilhelms I., ein Hammer des Glockenspiels oder ein Turm-Kapitell. Doch die Ausstellung will ein Rückblick nach vorn sein. Sie gibt Auskünfte auf das Kommende. Steffi von Hochberg berichtet vom geplanten Wiederaufbau und den Aktivitäten der Fördergesellschaft. Die Geschichtstexte hat man auf blauen Bannern gedruckt, auf den orangenen die von der Zukunft. Orange ist die Farbe des Optimismus.
Kapelle an der Garnisonkirche, Breite Straße 7, täglich von 10 bis 18 Uhr
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