Kultur: „Sammeln ist Lust und Neugierde“
Renate Grisebach über die Ausstellung „Das Glück des Sammelns – Werke aus privatem Kunstbesitz“
Stand:
Frau Grisebach, mit „Das Glück des Sammelns – Werke aus privatem Kunstbesitz“ ist die neue Ausstellung im „KunstHaus“ überschrieben. Warum haben Sie ausgerechnet das Sammeln in den Mittelpunkt gestellt?
Da möchte ich gern den Maler und Objektkünstler Marcel Duchamp zitieren: „Die eine Hälfte des Kunstwerks macht der Künstler, die andere vollendet der Sammler.“ Und unter den rund 250 Mitgliedern unseres Kunstvereins „KunstHaus“ Potsdam sind auch einige Sammler. Von denen haben wir acht Sammler ausgewählt, fünf aus Berlin, drei aus Brandenburg, die nun einen Teil ihrer Sammlungen bei uns ausstellt. Das sind Skulpturen, Fotoarbeiten, Malerei, Zeichnungen, Collagen, Objekte aus der Zeit der 1960er-Jahre bis heute. Wir zeigen so die vollendete Hälfte des Kunstwerks. Darunter sind auch Künstler von internationalem Renomee wie Armando und Neo Rauch. In den vergangenen Jahren sind immer mehr private Sammlungen entstanden, die auch verstärkt in den Blick der Öffentlichkeit gerückt sind. In jeder Kunstzeitschrift finden sie Interviews mit Kunstsammlern, es gibt öffentliche Gespräche mit Sammlern. „Das Glück des Sammelns“ ist also ein ganz aktuelles Thema.
Warum rückt der Sammler jetzt stärker in den Blick der Öffentlichkeit?
Weil sich immer mehr Privatsammler etabliert haben. Und das sind nicht nur Sammlungen, die sich auf die Wohnungen oder Häuser der jeweiligen Besitzer beschränken, sondern solche, die Depots füllen und auch eine entsprechende Präsentation fordern. Das beste Beispiel findet sich ja hier in Potsdam mit der Kunstsammlung von Hasso Plattner. Den Museen stehen immer weniger Gelder für Ankäufe zur Verfügung. So hat der private Sammler seine Rolle gefunden, Gegenwartskunst oder Kunst der klassischen Moderne einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.
Was ist der besondere Reiz beim Sammeln von Kunst?
Es ist die Lust, die Neugierde und der Wunsch, etwas dazuzulernen. Natürlich auch die Freude an der Kunst, sie anzuschauen, sich ihr zu nähern und sie zu besitzen. So kann der Kunstliebhaber eine ganz persönliche Beziehung zu seinen Schätzen aufbauen, die in über die Jahre hin zu einem Kenner werden lässt, der nicht nur konsumiert, sondern auch forscht.
Was meinen Sie mit Forschen?
Dass der Sammler sich mit den einzelnen Werken auseinandersetzt. Dass er sich erkundigt, wer der Künstler ist, wo das Werk vielleicht schon einmal ausgestellt wurde. Wer über den Künstler schon geschrieben hat. All das, was einem mehr über das jeweilige Kunstwerk vermitteln kann.
Ist für viele Sammler neben dem Besitz nicht auch die Unterstützung des Künstlers durch den Kauf ein wichtiges Argument?
Ja, denn der Sammler trägt auch Verantwortung. Wie er mit den Kunstwerken umgeht und wie er sie präsentiert.
Wie wichtig ist die Bekannschaft von Künstler und Sammler?
Das sieht jeder anders. Aber die persönlichen Begegnungen mit den Künstlern können auch sehr beglückend sein. Und für den Künstler ist das Gespräch mit dem Sammler dann auch eine Bestätigung. Denn da interessiert sich nicht nur einer für ihr Werk, der sammelt auch. Das ist auch ein Anliegen unserer Ausstellung, gerade jüngere Besucher anzuregen, selbst Kunst zu sammeln.
Das scheitert aber oft am Geld. Denn Kunst hat schließlich ihren Preis.
Sicher, aber es gibt nicht nur die finanzielle Seite. Denn es gibt auch kleine Kunstwerke, besonders Editionen, die man oft für einen geringen Preis erwerben kann. Hier ist man gefordert, indem man sich an junge Künstler heranwagt, die noch unbekannt und deren Werke noch erschwinglich sind.
War es schwer, die acht Sammler für Ihre Ausstellung zu gewinnen?
Nein, überhaupt nicht. Obwohl ich am Anfang Bedenken hatte, ob die Sammler auch alle mitmachen. Denn manche der Kunstwerke sind von großem Wert. Aber sie waren sofort bereit, ausgewählte Stücke aus ihren Sammlungen in unserem „KunstHaus“ zu präsentieren. So werden wir aus jeder Sammlung zwischen 8 und 14 Werke zeigen.
Wir sehen in der Ausstellung die Kunst, die jemand privat sammelt. Aber der Sammler selbst bleibt in der Anonymität?
Nein, denn jeder der acht Sammler äußerst sich in einer Art Statement schriftlich über seine Leidenschaft und die Kunst.
Der Besucher erlebt jetzt diese Kunst in einem öffentlichen Ausstellungsraum. Wie müssen wir uns das aber bei den Sammlern vorstellen. Hängt oder steht die Kunst dort in deren Wohnungen oder wird sie in Depots gelagert?
Bei all diesen Sammlern hängt die Kunst an den Wänden und in den unterschiedlichsten Räumen. Sie leben mit ihrer Kunst.
Sammeln Sie auch selbst?
Ich würde mit dem Kunstliebhaber Peter Raue sagen, ich habe mehr eine Ansammlung. Manche unserer Sammler, die oft auch sehr bescheiden sind, würden das vielleicht auch so sagen. Ich habe mit den Jahren Kunst erworben, aber auch geschenkt bekommen. Aber darin zeigt sich auch meine Leidenschaft, sich mit Kunst auseinanderzusetzen.
Das Gespräch führte Dirk Becker
„Das Glück des Sammlens – Werke aus privatem Besitz“ öffnet an diesem Sonntag, 17 Uhr, im „Kunsthaus“, Ulanenweg 9. Die Ausstellung ist bis zum 25. August, mittwochs, 11-18 Uhr, donnerstags und freitags 15-18 Uhr, samstags und sonntags, 12-17 Uhr, geöffnet. Der Eintritt ist frei
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