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Kultur: Schlaft nicht ein!

Neues Studiohaus für fabrik und „Offizze“ wird morgen mit „tanzt“ eröffnet

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Von außen wirkt das Areal noch recht arglos. Weiße glatte Wände treffen auf gepflegten Backstein, in den großen Fensterflächen spiegeln sich laublose Bäume und ein blauer Winterhimmel. Frisch und unschuldig präsentiert sich das neue Studiohaus am Schirrhof, ein aus dem Ei gepelltes Denkmal preußischer Baukultur mit modernem Aufbau. Nur die Reifenspuren auf dem Vorplatz erinnern an die kürzlich erst abgeschlossenen Bauarbeiten. Spätestens Ende Juni werden auch sie verschwinden, dann sollen die Außenanlagen fertig sein.

Hinter den glatten Fassaden in der Schiffbauergasse aber köchelt es, hier wird emsig an neuen Projekten getüftelt. Mit der fabrik und dem „Offizze“ hat das Studiohaus zwei neue Nutzer, die mit musealer Geradlinigkeit nie viel am Hut hatten. Daran wird die neue Schaffensstätte nichts ändern. Im Gegenteil. Mit ihrem Projekt „tanzt!“ wollen sie das Studiohaus zu einem „brodelnden Ort“ der Kreativität machen. Und zwar gemeinsam.

„Es ist uns wichtig, dass das Projekt im Studiohaus als Ganzheit wahrgenommen wird“, sagt Anja Kozik. Seit 1992 leitet sie das „Offizze“, Studio für Tanz und Bewegung im Waschhaus, seit 2005 außerdem die Tanzkompanie Oxymoron. Beide bekommen im Studiohaus jetzt ein neues Zuhause. Neben den neuen, großzügigen Dimensionen – etwa 400qm Tanzfläche bieten die vier Räume im Studiohaus – freut sie sich besonders auf eine enge Zusammenarbeit mit der fabrik. „Zwar gab es bisher schon Gemeinschaftsprojekte wie etwa „Tanz in Schulen“, aber die Kooperation wird durch den gemeinsamen Standort erheblich einfacher und durchlässiger“, erzählt Kozik. Zudem gebe es ohnehin schon lange eine große Nähe zwischen „Offizze“ und fabrik. „Der neue Ort macht diese Nähe jetzt endlich sichtbar.“

Auch für die fabrik bedeutet das Studiohaus eine große Bereicherung. Durch den Umbau 2006 hatte sie einiges an Probenflächen eingebüßt, jetzt hat sie den nötigen Platz wieder. Zudem sind alle vier Probenräume licht, bis zu 5m hoch, mit Schwingböden und Bodenheizung ausgestattet – ideale Bedingungen für den Tanz. „Endlich müssen unsere Tänzer nicht mehr über kalte Füße jammern“, lacht Laurent Dubost, Vorstandsmitglied der fabrik. Im Studiohaus sieht er zum einen die Arbeitsbedingungen für die Artists in Residence erheblich verbessert. Und zum anderen die Chance, das eigene Kursangebot um spannende Aspekte zu erweitern: „Unsere Kurse und die von Offizze ergänzen sich wunderbar“ schwärmt er. Bislang habe die fabrik vor allem zeitgenössischen Tanz und Yoga angeboten, während Offizze besonders stark im Angebot für Kinder und Jugendliche war. Von einem gemeinsamen Kursangebot profitieren alle. Allen voran die, an die es sich richtet.

Der Titel des Gemeinschaftsprogramms steht nicht umsonst im Imperativ. Denn „tanzt!“ ist nicht anderes als sein Name: Ein Aufruf an die Potsdamer, sich in einem neuen Haus an neue Bewegungen zu wagen. „Mit unseren Kursen wollen wir zeigen, dass Tanz nicht nur Disko ist, wollen dazu einladen, die Bewegungsmöglichkeiten des Körpers auszuloten.“ erzählt Dubost.

Mit preiswerten Probestunden und Kursangeboten will „tanzt!“ auf neues, unbekanntes Terrain locken. Über vierzig Kurse zu allen Tageszeiten listet das druckfrische Programmheft, sortiert nach Interessen. Zusätzlich werden regelmäßig Workshops angeboten. Ob blutiger Anfänger oder fortgeschritten, vom „Krumping“, dem wilden Streetdance, der soziale Missstände kommunizieren will, über „Flamenco für Kids“ bis „Yoga für Frauen“, alles möglich ist möglich im Studiohaus. Gemeinsam ist den Angeboten ihr Motto: „Schlaft nicht ein!“

An diesem Wochenende werden „Offizze“ und fabrik nun ihre neue Schaffensstätte mit einem Fest eröffnen. Das volle Programm gibt einen Vorgeschmack auf das, was hier in Zukunft passieren soll: Am Samstag ab 16 Uhr lädt „tanzt!“ zum kostenlosen herumspazieren und tanzen im neuen Haus. Abends referiert Dieter Heitkamp, Gründer der Tanzfabrik Berlin, über zeitgenössischen Tanz und lässt sich dabei multimedial und tänzerisch begleiten, danach legen DJs auf. Umrahmt wird das Ganze an beiden Tagen von sechs Workshops zum Thema, von „Tanz und Zeichnen“ bis zum wilden „Krumping“.

Spätestens dann wird der Geist von inspirierter Unordnung und ungeordneter Inspiration, für den fabrik und „Offizze“ seit Jahren in der Schiffbauergasse sorgen, auch am Schirrhof Einzug halten. Und das wie gewohnt unpreußisch. Ganz ohne Zaum und Zügel.

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