Kultur: Schneesturm

Was wie eine Erzählung aus dem 19. Jahrhundert beginnt, wird schnell zu einer fantastischen Reise durch das ländliche Russland einer nahen Zukunft. Garin, ein Landarzt, will so schnell wie möglich nach Dolgoje, um die Menschen dort gegen eine rätselhafte Krankheit zu impfen, die jeden Infizierten zum Zombie macht. Doch ein Schneesturm tobt in Russland, und Garins Pferde sind erschöpft. Also heuert er den einfältigen Brotkutscher Kosma an, dessen Schneemobil von fünfzig winzigen Pferden gezogen wird. Doch damit beginnt die verrückte Erzählung erst, die der Autor Vladimim Sorokin am Montag, dem 17. September um 20 Uhr, in der Villa Quandt vorstellt.

Auf ihrer Reise durch das unablässige Schneetreiben begegnen dem ungleichen Paar Zwergen und Riesen, ein Radio mit lebendigen Bildern, eine Paste, die Filz wachsen lässt und vieles mehr. Sie bewegen sich durch eine Märchenwelt, die von einer hochtechnisierten Gesellschaft geprägt ist. Das Erbe von Tolstoi, Tschechow und Gogol antretend, versetzt „Der Schneesturm“ ein groteskes, doch imaginäres Russland in einen Abgrund zwischen den Zeiten. Sorokin schrieb ein zugleich heiteres und verstörendes Buch, das einmal mehr seine herausragende Stellung unter den zeitgenössischen russischen Schriftstellern sichert.

Sorokin wurde 1955 in Bykowo bei Moskau geboren und gilt als einer der wichtigsten Schriftsteller der postmodernen russischen Literatur. Er wurde mit Romanen und Theaterstücken bekannt, darunter „Die Schlange“, „Marinas dreißigste Liebe“ und „Der himmelblaue Speck“. Sorokin ist einer der schärfsten Kritiker der politischen Eliten Russlands und sieht sich regelmäßig heftigen Angriffen regimetreuer Gruppen ausgesetzt. PNN

Am Montag, dem 17. September liest Sorokin um 20 Uhr in der Villa Quandt, Große Weinmeisterstraße 46/47, aus „Memel“, zu deutsch „Der Schneesturm“. Klaus-Dieter Klebsch wird übersetzen. Eintritt 10 Euro, ermäßigt 8 Euro. Karten unter Tel.: (0331) 2804103