zum Hauptinhalt

Kultur: Schön wie ein Hundeknochen

„Hautnah“: In der Galerie „M“ zeigen Brandenburger Künstler Arbeiten zum Thema Akt

Stand:

„Hautnah“: In der Galerie „M“ zeigen Brandenburger Künstler Arbeiten zum Thema Akt Frauen: das sind Rundungen, Brüste, Hintern und schmale Taille. Zusammengesetzt ergibt das etwas, das aussieht wie ein Hundeknochen. In vier Dreierreihen hat Bernd A. Chmura die einförmigen Busen-Taille-Po-Körper aufgereiht. In knalligem Rot. Dazwischen, wie zur Beleuchtung, strahlende Sonnen. Alles schön glänzend, schön künstlich, schön kalt. Nur die zwei Hände liegen an jedem Körper an anderer Stelle auf. Und die Wirkung von „Torsoreihung“ ist groß. Chmura hat mit der überzogenen Konzentration auf das markant Weibliche ein quasi anti-erotisches Bild geschaffen, einen Laserdruck, der weit weg von Wärme, Liebe oder auch nur Sex daherkommt. Chmura, der Satiriker, der Grafiker und Cartoonist der Meisterschüler an der Akademie der Künste bei Werner Klemke war. Seine zum Lachen bringenden ironischen Kunstsichten zum Thema Akt sind in der Ausstellung „hautnah“ in der Produzentengalerie „M“ zu sehen. Neben vielerlei anderen Akt-Darstellungen, Malerei, Grafik und Plastik von Künstlern aus Brandenburg: Christian Fleming, Astrid Germo, Christian Heinze, Dorothea Nerlich, Maren Simon und Christian Uhlig. Die Idee zur Akt-Ausstellung kam den Mitgliedern des Brandenburger Verbandes für bildende Künstler im Hinterhof der Galerie. Hier treffen sie sich regelmäßig mit Aktmodellen und probieren sich an der Kunst, unbekleidete Menschen darzustellen. Dabei geht es ihnen nicht um detailgenaues Abbilden, sondern um das künstlerische Widerspiegeln des Nackten. Und die Schau beweist einmal mehr, dass eine gute Akt-Kunst heute, anders als zu Dürers und Leonardo da Vincis Zeiten, mehr ist als das Abbilden nackter Körper. Erst durch Individualität bekommen die Werke Ausstrahlung, werden sie für den Betrachter interessant. Das Schöne an der Schau: Die Vielfalt, mit denen sich die Künstler der Nacktheit nähern, die keinesfalls nur glatt und makellos gezeigt wird. Das Ästhetische liegt auch im Alltäglichen, in Bäuchen, mit leichten Wölbungen oder Brüsten, die auch einmal hängen. Ein Manko der Ausstellung ist, dass sich die Künstler fast ohne Ausnahme nur an das Darstellen von Frauenkörpern herangewagt haben. Nur als Paar mit Frau tauchen Männer auf. Schade. Am Eingang hängen die mit breitem Pinsel gemalten Bilder der Potsdamerin Dorothea Nerlich. Die studierte Keramikerin zeigt weiche Frauentypen. Die „Liegende“: ein anschmiegsames Geschöpf, man sieht es auf den ersten Blick. Die „Hockende“: aufrecht, sanft. Nerlich taucht sie in warme Erdfarben und umrahmt sie mit breitem, wässrigem Strich. Die Gesichter sind Andeutungen, sie bleiben schemenhaft, austauschbar. Noch weniger Individualität findet man auf den Zeichnungen von Christian Fleming. Der Künstler und Designer aus Potsdam bildet eine Frau ab, schön – und langweilig. Anders die Frauen von der Göhlsdorfer Malerin und Grafikerin Maren Simon. In einer Studie von sechs skizzenhaften Zeichnungen verleiht sie „Lisa“ eine liebenswert selbstbewusste Ausstrahlung. Im Oktober 2004, wie auf dem Bild vermerkt, sitzt das Modell nackt auf etwas Unkenntlichem. Der Betrachter sieht sie von hinten. Sie hält den Kopf aufrecht, das Haar ist zu einem unordentlichen Knoten aufgesteckt. Die Arme hat sie über die Brüste gelegt. Sie blickt verklärt in die Ferne. Die Akt-Kunst, die der in Angermünde lebende Künstler Christian Uhlig präsentiert, konzentriert sich auf Sex, auf das in Klinker gemeißelte Verschmelzen von Frau und Mann. Eine ästhetische Arbeit, die ihren Charme gerade aus der Unauffälligkeit und der klaren Darstellung gewinnt. Von weitem nimmt man die zu einem Turm aufgeschichteten Klinker-Szenen als feines Muster wahr. Auch Christian Heinze widmet sich dem Paar. Er zeigt es in Metall an der Wand, zwei einzelne, in einfacher Form zusammengebaute Figuren, die so gestaltet sind, wie man es erwartet: Auf dem Körper der Frau hat er kegelförmige Brüste aufgeschweißt. Über ihrer dreieckigen Scham ist ein Blumenbild eingelassen. Den Mann zeigt Heinze als eckig, breite Figur mit „Rohr“. Frau und Mann. Sie rund, er eckig – wenn das Rollenspiel nur so einfach wär. Marion Hartig Mi-Fr 12 bis 17, Sa-So 13 bis 18 Uhr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })