
© Manfred Thomas
Kultur: Schrundig und geschliffen
Mauerfotografien von Walter Wawra und rundliche Skulpturen von Hisu Choi im „Güldenen Arm“
Stand:
Monster, Eulen und Geishas hat Walter Wawra in verfallenen Militärgemäuern gefunden. Es hat den 70-jährigen Fotokünstler einige Mühe gekostet, zu ihnen zu gelangen. „Bettelgänge für Genehmigungen, weite Wege durch das Land und lange, einsame, aber auch entdeckungsreiche Stunden am Computer“ zur Sichtung der eingefangenen Bilder seien für die Fotoserie notwendig gewesen. Die Bilder sind nun in der Galerie „Im güldenen Arm“ zu sehen. Auf den ersten Blick wirken sie wie eine Huldigung an die morbide Verfallsromantik des untergegangenen Ostens. Zwar zeigt Wawra Raumansichten der Gebäude nur in einer Mappe, die in der Ausstellung bereit liegt. Aber die gerahmten Detailansichten an den Galeriewänden beeindrucken im Detail mit bröckelndem Putz, abblätternden Farbschichten, vergilbenden und über große Flächen gespritzten, jetzt undefinierbaren Flüssigkeiten.
Bei genauem Hinsehen erkennt der Betrachter die von dem Künstler in den Titeln der Bilder heraufbeschworenen Figuren, Landschaften und Assoziationen. Der „große Knall“ explodiert, auf dem Foto natürlich unhörbar, dafür umso lauter im Kopf des Betrachters, mit Getöse. Die rote Männlichkeit des Satyr reckt sich gut erkennbar in das Bild hinein. Sisyphus Stein scheint erfreulich leicht zu sein, wird aber einen glühenden Vulkan hinaufgerollt, was die Sache für den tragischen Helden sicher nicht einfacher macht. Die bildliche Deutlichkeit der im Titel benannten Szenen und Assoziationen verdankt sich auch einer Nachbearbeitung am Computer. Mittlerweile habe sich ja herumgesprochen, dass diese Werkzeuge, die alles präziser und reproduzierbar machen, nicht alles von alleine und gut machen würden, erklärt Wawra. Bevor der Künstler eine Stelle als Fotograf zunächst am Potsdam-Museum und dann in einem Fachlabor in Berlin annahm, arbeitete er auch als Bergmann und schloss ein Studium als Feingerätetechniker ab. Seit 1985 leitete er den Fotoclub Potsdam. Die Bilder in der Galerie stellen eine Serie im Oeuvre des Fotografen dar, der ansonsten vorwiegend den Moment und die Stimmung des Zeitgeschehens, das er beobachtet, einfängt.
Die von "Il Ponte", der brandenburgischen Gesellschaft der Freunde Italiens organisierte Ausstellung in Potsdam war zuvor schon in der Partnerstadt Perugia in Italien zu sehen. Aus der Stadt in Umbrien kommen auch die Plastiken der Südkoreanerin Hisu Choi, die schon seit Langem in Italien lebt. Der in Umbrien gelegene „Monte Subasio“, ein von zahlreichen Kratern durchlöcherter, mit 1290 Metern nicht sonderlich hoher Berg, habe sie zu ihrer Skulpturengruppe „Die Geschichte vom Monte Subasio“ inspiriert, sagt die Künstlerin. Entstanden sind ausgesprochen füllige Frauen mit breiten Schenkeln, rundlichen Formen und häufig in tänzelnder Pose schwingenden Armen und Händen. Selbst der „Adler des Zeus“ ist ein fülliger Brocken, der eher auf das Erscheinen des Vogels zu warten scheint, als dass er losfliegen will. Ein wenig erinnern die Skulpturen der in Seoul promovierten Bildhauerin an die ebenfalls recht voluminösen Nanas der legendären Niki de Saint Phalle, freilich ohne deren knallige Farbigkeit zu imitieren. Hisu Chois Skulpturen sind aus sandfarbenem Terrakotta und wollen eher harmonische Schwingungen verbreiten, als mit lautem Geschrei auf sich aufmerksam zu machen. In ihrer rund geschliffenen Körperlichkeit kontrastieren sie schön zu den brüchigen, schrundigen Mauerfotografien von Wawra.
Bis morgigen Sonntag, den 9. Dezember, Museumshaus „Im Güldenen Arm“; Hermann-Elflein-Straße 3, 12 bis 18 Uhr
Richard Rabensaat
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: