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Kultur: Sechs Richtige für die Kunst

Erstmalig Lotto-Kunstpreise für Literatur und Fotografie

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Erstmalig Lotto-Kunstpreise für Literatur und Fotografie Von Matthias Hassenpflug Das Glück einer Gesellschaft ist messbar. Geht es ihr schlecht, wird umso mehr Lotto gespielt. 233,9 Millionen Euro Spieleinsatz hat der Brandenburger 2004 ausgegeben, um das Glück auf seine Seite zu locken. Das Pech der Verlierer wird jedoch zum Glücke vieler. Denn 86,7 Millionen Euro der Einnahmen der Brandenburger Lottogesellschaft gehen an das Land zurück. Und ohne diese oft vergebliche Hoffnung auf den großen Gewinn würde die Lotto Brandenburg GmbH nicht auch seit 1993 Kunstförderung betreiben können, wie ihr Geschäftsführer Klaus Walkenbach auf der diesjährigen Preisverleihung sagte. Wurden in den Jahren zuvor Förderstipendien für Fotografie verliehen, hatte man nun das System umgestellt. Zwei mit 10000 Euro dotierte Preise wurden nun für Fotografie und für den Bereich Literatur ausgelobt. Der Lotto-Kunstpreis ist damit der einzige namhafte Literaturwettbewerb im Land. Die Fachjurys in beiden Kategorien entschlossen sich, jeweils das Preisgeld auf zwei Gewinner aufzuteilen. 55 Manuskripte und 53 Fotoarbeiten zum Thema „Spiel. Glück. Gewinn.“ wurden eingereicht. Den Literaturpreis teilen sich zwei gestandene Autorinnen. Die Potsdamer Schriftstellerin Grit Poppe konnte die Jury aus dem Autor und Verleger Gerhard Wolf, dem Autor Lutz Seiler und Hendrik Röder vom Brandenburgischen Literaturbüro mit ihrer Erzählung „Wie die Würfel fallen“ überzeugen. Der 24jährige Student Marco erzählt darin die Geschichte seines sehr zweifelhaften Würfelglücks. Sonst ein typischer „Loser“, gewinnt er ein altes Haus auf dem Land. Glücklich wird er nicht damit. In seiner Einsamkeit spricht er Fernsehfiguren und liest seiner Matratze Gute-Nacht-Geschichten vor. Bald steht dann Lorenz, den Marco für den Klempner hält, vor der Tür. Der neue Hausherr gewinnt einen unfreiwilligen Mitbewohner. Ein Fünfer im Tele-Lotto, der „Schreifritzchen“ einen für DDR-Verhältnisse fantastischen Gewinn beschert, ist bei Kathrin Schmidts Gewinnerbeitrag „Spiel, Satz, Schlappensieg“ das Glücksmoment. „Schreifritzchen“ ist der kleine Bruder der Erzählerin, den sie in der Kindheit mit Kapern fütterte, der Elektriker lernte und dann zu saufen anfing. Je weiter sich der Bruder von ihr entfernt, desto sehnsüchtiger erinnert sie sich an die Kindheit. Schmidt zeichnet in einer an Märchen angelehnten Sprache eine Biografie, in der der „Umsturz der Verhältnisse“ durch die Wende zum eigentlichen, allerdings zweifelhaften Gewinn wird. Drei Jahre hat die Fotografin Marei Wenzel an ihrem Projekt „Pie in the Sky“ gearbeitet, für das sie die 5000 Euro erhält. Mit einer mächtigen Großbildkamera hat sie die wüstenhafte Landschaft der Lausitz aufgenommen. Mit Einheimischen, die sie über Annoncen gesucht hat, stellte sie akribisch Szenen aus Western-Filmen nach: Der Cowboy am Grill, in einem verlassenen Waggon oder im Waschzuber. Das Thema des Wettbewerbs dringt subtil in ihre großformatigen Farbfotos. Die durch den Tagebau geschundene Landschaft der Lausitz ist in einem Transformationsprozess, so wie der „Wilde Westen“ es im 19. Jahrhundert war. Die Wildnis der Brachflächen verspricht den Bewohnern das Glück der neuen Aneignung – mit der aber auch immer ein Risiko verbunden ist. Der Potsdamer Fotograf Mathias Marx hielt in seinen Schwarz-Weiß-Bildern das Selbstvergessene des Kinderspiels fest. Elfenhafte, wie von innen leuchtende Körper strahlen ein ursprüngliches Glück auf den Betrachter aus, an das er sich augenblicklich erinnert fühlt. Düster hingegen die Umgebung: Steine, Mauern, Pflaster, das Gitter eines Karussells geben eine Ahnung von dem baldigen Ende des Glückszustands. Ein überaus lobenswerter Teil des Kunstpreises ist der Katalog mit den Siegerarbeiten, in den eine von Christian Brückner eingesprochene CD mit den preisgekrönten Geschichten eingelegt ist. So ist der Lotto-Kunstpreis ein Sechser für die prämierten Künstler. Den Glückloseren bleibt der Besuch der lohnenswerten Ausstellung. Ausstellung bis 6. 1., Mo - Fr, 9 - 17 Uhr, Land Brandenburg Lotto GmbH, Steinstraße 104/106, Katalog Tel.: (0331) 64560

Matthias Hassenpflug

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