Kultur: Seelenverwandte
Beret Hamann aus Babelsberg und Mathias Balzer aus der Schweiz stellen in der Produzentengalerie „M“ aus
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Beret Hamann aus Babelsberg und Mathias Balzer aus der Schweiz stellen in der Produzentengalerie „M“ aus Von Almut Andreae Angelockt durch die mitreißenden Klänge des Akkordeonspielers Andrzej aus Warschau und die künstlerische Begegnung zwischen der Potsdamer Malerin Beret Hamann und ihrem Schweizer Kollegen Mathias Balzer strömten die Leute zur zweiten Ausstellungseröffnung des BVBK dieses Jahres in die Galerie „M“. Als der aus Graubünden angereiste Dr. Christian Gerber als profunder Kenner der dortigen Kunstszene und als Freund Mathias Balzers zu seiner Einführungsrede ansetzte, standen die Leute dicht an dicht, um seinem informativen Vortrag aufmerksam zu lauschen. Treff auf Schloss Haldenstein Nach einer sehr lebendig vorgetragenen Präsentation des Kantons Graubünden, das hierzulande nur wenige aus eigener Anschauung kennen dürften, und dem darin gelegenen Schloss Haldenstein, in dem es im Frühjahr des vergangenen Jahres zur Begegnung zwischen Beret Hamann und Mathias Balzer kam, gab Dr. Gerber allerhand aufschlussreiche Details über die beiden Künstler und ihre in der Gemeinschaftsausstellung gezeigten Arbeiten preis. Schloss Haldenstein befindet sich im gleichnamigen Dorf und in unmittelbarer Nähe vom Calanda-Bergmassiv. Das in der Renaissancezeit erbaute Schloss befindet sich seit 1966 im Besitz einer Stiftung und wurde zuletzt in den Jahren 1986 bis 1999 einer umfassenden Restaurierung unterzogen. Seit Abschluss der vollständigen Wiederherstellung wurde im Nordflügel des Schlosses eine Druckwerkstatt für Lithografie und Radierung eingerichtet. Die Idee dazu hatte Mathias Balzer, der die Werkstatt seit ihrer Gründung persönlich leitet und betreut. Der Werkstattbetrieb steht Künstlern und Kunstinteressierten mit einem vielseitigen Kursangebot offen. Im letzten Jahr ist es erstmalig zu einer Öffnung auch ausländischen Gästen gegenüber gekommen. Die von den Schweizern ausgehende Initiative für einen Deutsch-Schweizer Künstleraustausch fiel in Berlin und Potsdam auf fruchtbaren Boden. Auf diese Weise sind an dem im vergangenen Jahr ins Leben gerufenen Austauschprojekt neben dem Kulturamt der Stadt Potsdam auch noch das Bezirksamt Treptow-Köpenick sowie die Akademie der Bildenden Künste Berlin von deutscher Seite her beteiligt. An Berlin und Potsdam hatte die Schweizer das enge Beziehungsgeflecht zwischen der Kulturlandschaft Potsdams und der Großstadtmetropole Berlin gereizt, das für einen Künstleraustausch enormes kreatives Potenzial bereithält. Für den dreimonatigen Studienaufenthalt im Schloss Haldenstein wurde für Potsdam die Malerin, Grafikerin und Multimediadesignerin Beret Hamann (Jahrgang 1967) ausgewählt. Sie vermochte die Jury durch die konsequente Formensprache ihrer Monotypien sowie durch den hohen ästhetischen Anspruch und die individuelle Formulierungskraft ihrer Arbeiten zu überzeugen. Beret Hamann, die in Babelsberg lebt und arbeitet, hat Malerei und Design studiert und sich in den letzten Jahren immer mehr in die Bereiche Drucktechnik, digitale Medien und Fotografie hinein gearbeitet, ferner eine Weiterbildung zur Multimediadesignerin absolviert. Vor etwa zwei Jahren rief sie zusammen mit anderen ein Künstleraustauschprojekt in Potsdam und Berlin mit dem Namen „Transfer“ e.V. ins Leben. Im BVBK ist sie seit 1996 Mitglied. Die Welt des Berges Die Begegnung mit Haldenstein und mit Mathias Balzer hat die Potsdamer Künstlerin nachhaltig inspiriert. Bei ihrem Aufenthalt im Schloss sind sowohl großformatige Ölbilder mit Sujets aus der Pflanzenwelt als auch zahlreiche Radierungen und Mischtechniken entstanden. Das Erlebnis des Calanda-Berges, den sie zusammen mit ihrem Sohn Leonard bestieg, zieht sich durch etliche ihrer in Haldenstein und auch noch danach entstandenen Arbeiten. So wurde sogar vom Calanda mitgebrachte Erde in die Collage „Werden“ mit dem Untertitel „aufblühender Baum“, Mischtechnik (Leim, Pigment, Calanda-Erde, Tusche und Acryl) miteingearbeitet. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Natur verbindet die beiden aus zwei ganz unterschiedlichen Generationen stammenden Künstler Balzer (Jahrgang 1932) und Hamann. In ihren um Bergimpressionen, Pflanzenmotiven und Käferspuren kreisenden Sujets drückt sich eine Seelenverwandtschaft aus, die aus der künstlerischen Begegnung eine tiefe Freundschaft werden ließ. „Spuren“-Bilder Von Mathias Balzer hatte sich Beret Hamann gewünscht, dass er in der Ausstellung seine „Spuren“-Bilder zeigt. Es sind dies Radierungen, die sich inhaltlich mit dem zerstörerischen Werk der Borkenkäfer und Kupferstecherborkenkäfer in den Graubündener Wäldern befassen und in der künstlerischen Umsetzung mittels unterschiedlicher Ätz- und Druckverfahren eine höchst individuelle und variantenreiche Weise Formensprache entwickeln. Als „Krankheitsbilder des Waldes“ bezeichnet Mathias Balzer die Ergebnisse seiner langjährigen Beschäftigung mit den heimischen Wäldern und den vernichtenden Spuren, welche die Käfer nach schweren Stürmen in den Baumrinden hinterlassen. Diesen Spuren ist er künstlerisch nachgegangen, hat sie durch die Ästhetisierung seiner subtilen Formensprache zu etwas Neuem transformiert. Er hat die Fundstücke befallener Borken in seine Druckwerkstatt mitgenommen, von den Käferspuren einen Abrieb gemacht und diesen auf die später zu druckenden Platten übertragen. In stundenlanger Arbeit ätzt Mathias Balzer in einem mehrstufigen Verfahren die Grabungslinien der Käfer in die Platten ein. Manche der so entstandenen Platten werden im Laufe des Arbeitsprozesses noch einmal überdruckt, so etwa, wenn noch Farben mit hinzu kommen. Es ist ein Tiefdruckverfahren, an dessen Ende die Ergebnisse zuweilen die Anschauung von minutiösen Landkarten erhalten. Mathias Balzer beherrscht das gesamte Spektrum von Drucktechniken, gerade auf dem Gebiet der Radierung, bei der er eindrucksvolle Reliefätzungen und Prägedrucke entstehen lässt, mit vollendeter Virtuosität. „Vom Sichtbaren zum Verborgenen“. Malerei und Grafik von Mathias Balzer (Haldenstein/CH) und Beret Hamann (Potsdam/D). Eine Begegnung in der Schweiz. Bis zum 29. Februar in der Produzentengalerie „M“ des BVBK, Mittelstraße 39. Mi-Frei 12-17 Uhr und Sa/So 13-18 Uhr.
Almut Andreae
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