Kultur: Selbstbewusste Verbeugung
Ausstellung in den Neuen Kammern zum 75. Geburtstag von Heidi Manthey
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Ausstellung in den Neuen Kammern zum 75. Geburtstag von Heidi Manthey „Ich fühlte mich nicht eingeschüchtert und auch nicht gebremst durch die Herrlichkeit der Vorbilder. Das einzige, was es streng einzuhalten galt, waren die Farbklänge und Proportionen.“ Es war für Heidi Manthey der Auftrag ihres Lebens, als sie 1980 begann, das im Zweiten Weltkrieg verschollene Gefäßensemble für das Prunkbuffet in den Neuen Kammern nachzuempfinden. Sieben Jahre arbeitete die Potsdamerin an der modernen Ausschmückung der barocken Wandgestaltung. Anlässlich des 75. Geburtstages von Heidi Manthey rückt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg dieses von ihr in Auftrag gegebene Meisterwerk wieder verstärkt in den Blick der Öffentlichkeit. In einer Sonderausstellung werden neben dem Gefäßensemble auch andere keramische Arbeiten der Jubilarin vorgestellt, die von einer vollendeten, einfühlsamen Formensprache künden. Dazu gehören auch die blauen Fayence-Vasen, die Heidi Manthey 1980 für den Palmensaal der Orangerie im Neuen Garten schuf. Von besonderer Lebendigkeit und zerbrechlicher Schönheit sind ihre figürlichen Interpretationen der Metamorphosen des Ovid: ein vergnüglicher und zugleich melancholischer Kommentar zur Ovidgalerie der Neuen Kammern. Die kleinen Mischwesen und sich verwandelnden Gestalten erzählen ihre ganz eigenen Geschichten: anmutig und verletzlich, stolz und verwegen – sie sprechen den Menschen aus der Seele. Obwohl Heidi Manthey sich schon immer von den alten Sachen mehr aufregen ließ als von der Gegenwart, haben ihre Arbeiten nichts Altbackenes. Sie fahren zwar die schönsten Früchte der Geschichte ein, treiben sie aber zu neuer Blüte. Ihre Arbeiten kommen frisch und unverbraucht daher, halten für den Betrachter oft ein Augenzwinkern bereit. „Keramik ist einfach heiter“, räumt die Küstlerin ein, die mit Hedwig Bollhagen und Gertraud Möhwald zu den Altmeisterinnen der DDR-Keramik gehört. Für sie besitzt allein das Material eine unvergleichliche Frische und Farbigkeit. „Ich habe mich nie um einen heiteren Ausdruck bemüht. Er ist so wie er ist.“ Obwohl ihr Auftrag für die Neuen Kammern zu den kühnsten für moderne Kunst im historischen Schloss-Ambiente gehört, ist die Grand Lady keineswegs vor Ehrfurcht erstarrt. „Ich kann mich gut in andere Zeiten hineinversetzen. Aber ich sehe auch, dass unsere Vorfahren nicht nur Achtung Gebietendes hervor brachten. Es gibt auch ganz Naives, ja beinahe Lächerliches.“ Heidi Manthey beschritt ihren eigenen Weg: keineswegs naiv. Ihre Fayence-Unikate für die Neuen Kammern, die gegen die schweren barocken Goldkonsolen ankämpfen müssen – sind eine ganz eigene Schöpfung, zu der man gerne aufschaut. Stiftungs-Chef Prof. Hartmut Dorgerloh betonte zur Vernissage, dass es verschiedene Antworten gäbe, wie man mit Verlusten der Geschichte umgehe. „Man kann Arbeiten restaurieren, aber auch zeitgenössische Künstler zu Worte kommen lassen.“ Heidi Mantheys Sprache erweist sich durchaus als schlösser- und ahnentauglich. Heidi Jäger
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