Irritationen in der Vogelwelt. Für gut eine Stunde bekamen die gefiederten Sänger am Sonntagabend in den Bäumen rund um das Musenrondell im Park Sanssouci musikalische Konkurrenz. Das Hörerlebnis auf dem Hauptweg mit Blick zum Neuen Palais oder zum Obelisk, begleitet von den freundlich dreinblickenden marmornen Statuen der Musen, wurde den Musikfestspiel-Gästen vom französischen Alte-Musik-Ensemble Les Musiciens de Saint Juliens unter der Leitung von Francois Lazarevitch beschert.
Mit dem Titel „Zurück zur Natur“ erinnerte man daran, dass die höfische Gesellschaft in der Zeit des Rokoko das Landleben als Arkadien wieder entdeckte, bei der Musik und Tanz Priorität hatten. Man kann sich gut vorstellen, dass Les Musiciens de Saint Juliens die musikalische Empfindungswelt des 18. Jahrhunderts hätte bestens bedienen können. Mit den damaligen Modeinstrumenten wie die dudelsackartige Musette, die Drehleier, die Viola da gamba, Erzlaute oder die Theorbe hat das Ensemble in Sanssoucis Musenrondell ein „Divertissement“ von Sonaten und Suiten der französischen Barockkomponisten Michel Pignolet de Monteclair, Nicolas Chédeville oder Joseph Bodin de Boismortier, in denen französische und italienische Musikstile Eingang fanden, zusammengestellt. Die an den Klang der Oboe erinnernde Musette und die schnarrende Drehleier kamen vorrangig zum Einsatz. Mit den exzellent gespielten Instrumenten gab es poetische Klangbilder, die eine Rokoko-Schäferidylle assoziierten.
Nach der Pause wurde im Ovidsaal der Neuen Kammern, einem luftig-heiteren Raum, in dem die Atmosphäre des Parkes durch die hohen Fenster Eingang fand, weiter musiziert. Eine verliebt singende Nachtigall fand ebenfalls den Weg aus dem Musenrondell in das Gästeschloss Friedrich II., natürlich in Gestalt der Traversflöte und der Musik von Francois Couperin. Lazarevitch vermochte eine hinreißende Wiedergabe der empfindsam-melancholischen Komposition des Hoforganisten Louis XIV. darzubieten. Der Musiker beherrscht auf seiner Flöte souverän über ein umfangreiches Register von Ausdrucksnuancen und Stimmfarben von mystischer Tiefe bis zum flutenden Höhenglanz. Auch die Blockflöte ist „sein“ Instrument. Mit der Sonate g-Moll von Nicolas Chédeville bewies er eine außergewöhnliche Spieltechnik und vermochte ausdrucksstark zu musizieren. Dass Jean-Marie Leclair, der Begründer der französischen Violinschule, ein ausgezeichneter Komponist war, wurde mit der Sonata VII in G-Dur deutlich. Neben Lazarevitch fanden seine Mitstreiter Julien Leonard, Viola da gamba, Thomas Dunford, Erzlaute, und Miguel Henry, Theorbe, wie zuvor zu einem frisch-intensivem Musizieren. Nicht nur in der Begleitung, sondern auch bei den Soli zeigten sie, wie vielfältig ihr interpretatorisches Können ist, das von empfindsamer Sensibilität bis zu übermütig-virtuoser Freude reicht. Der Applaus des begeisterten Publikums war sehr herzlich, sodass das Ensemble nochmals zum Musizieren ansetzte. Dass es dabei volkstümlich zuging, dafür sorgten die Musette und die Drehleier, die Anne-Lise Foy spielte. Nicht nur ihre Instrumente ließen alle Sechs fröhlich erklingen, auch ihre Stimmen. Klaus Büstrin
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: