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So schön wird Potsdam 2025: Die besten lokalen Kunstkalender im Überblick
Von verlorener Ostmoderne über lebenspralle Natur bis zu Babelsberg in Pastell: Potsdam hat viele Gesichter. Neun Kunstkalender für das Jahr 2025 fangen sie ein.
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Dieser hocherfreuliche Ausblick muss mit einer wenig erfreulichen Nachricht beginnen: Der überraschendste Potsdam-Kalender des Jahres 2025 ist bereits fast vergriffen. Das Siebdruck-Team Studio 114 hat wieder zugeschlagen, ein letztes Mal zum Thema Moderne. „Verlorene Ostmoderne“ heißt der Kalender, der den 2016 begonnenen Zyklus abschließt.
14 Motive zeigen diesmal, was in Potsdam heute nicht mehr zu sehen ist. Von der Kantine des Rechenzentrums über die Schwimmhalle am Brauhausberg bis zur Villa Hagen. Abgerissen 2010, 2018 oder 2023.

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Erinnerung an verpasste Chancen
„Die Serie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, noch möchte sie zur Verklärung oder Nostalgie einladen“, schreibt das Kollektiv dazu. Vielmehr sollen die Motive „an die verpassten Chancen erinnern“. Und auch zum Nachdenken anregen: „Welche Bedeutung hat moderne Architektur in unserer Stadt?“ Wer keins der nur 240 gedruckten Exemplare ergattern kann, kann dieser Frage auch im Bürgerhaus am Schlaatz nachgehen: Dort sind bis Jahresende die Kalendermotive im Foyer zu sehen.

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Spielerische Panoramen
Auch im spielerisch-verträumten Stadtpanorama der Grafikerin Christina Bretschneider findet die Moderne Platz. Das Blatt mit der Alten Post in Babelsberg folgt auf das Neue Palais in Sanssouci, das Regattahaus steht zwischen Nauener Tor und Gewächshaus im Botanischen Garten. Und im Monat November schaut die Frau aus Fritz Eisels berühmtem Mosaik am Rechenzentrum über den Käfig, in dem die Wetterfahne des Garnisonkirchturms verwahrt wird, hinaus.
Schwarzweiß ohne Strenge
Bretschneiders grafische Welt ist licht und bunt, überall schweben Wolken, Blätter, Sonnen. Einer ähnlichen Gemütsverfassung hat sich die Potsdamer Illustratorin Undine Siepker verschrieben, die 2025 erstmals einen Wandkalender vorlegt, reduziert auf eine Auflage von 1500 Stück.

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„Playful Potsdam“ nennt sie ihren grafischen Stadtspaziergang, alles ausdrücklich „Lieblingsorte“: Karl-Foerster-Garten und Historische Mühle, aber auch Minsk, Strandbad Babelsberg oder das ehemalige Interhotel „Mercure“. Siepkers grafische Welt ist schwarzweiß ohne streng zu sein: Es wogt und bebt, wächst und pulsiert. Und der monochrome Himmel gibt einen intensiven Farbton hinein: hellgrün, blau, lila.

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Abtauchen in den Sommer
Zum bereits achten Mal erkunden die Künstlerinnen Verena Postweiler und Nina Heinke im Kalenderformat „Friedrichs Garten“. Das farbtonangebende Thema diesmal: „Sommernachtsblau“. In Stempeldrucken und Collagen und im schmalen Hochformat geht es hier in Nahaufnahme durch Potsdams kulturerblich geschützte Wiesen. Blüten, Blätter, Gräser wurden in Linoldruckfarbe manuell gedruckt. Die zwölf Blätter lassen ein Jahr lang abtauchen in den Sommer: Auf tiefblauem oder türkisem Grund sehen sie aus, als entstammten sie der Tiefsee.

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Hintergründige Endlichkeit
Auch der Maler Detlef Birkholz sucht in seinen Bildern immer wieder die Natur. In seinem Kalender 2025 ist es die tote. „Endlichkeiten“ heißt er, benannt nach einer Ausstellung in der Buchhandlung Viktoriagarten zu Jahresanfang. Es gehe ihm darum, Gesehenes und Erlebtes zu hinterfragen, sagt Birkholz. „Dies gilt sowohl für den Schaffensprozess in meiner eigenen alltäglichen Arbeit, wie auch für die nachfolgende Auseinandersetzung auf verschiedensten Ebenen.“
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Birkholz zeigt Früchte in Schalen, Blumen in Vasen, klassische Motive, meist in Öl – und in lebensprallen Farben. Mit teils hintergründigem Humor. Im Rosenmonat Juni harrt ein Schoko-Osterhase seiner Endlichkeit. Im Mai blühen „Dichternazissen“. Im Hintergrund schimmert ein Stück Tageszeitung durch, die ihm wohl als Unterlage diente. Darauf zu lesen: „Deutschland muss führen“.

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Waghalsiger Havel-Blick
Der Potsdamer Maler Hubert Globisch wäre 2024 110 Jahre alt geworden; er starb vor 20 Jahren. Einen eigenen Kalender hat er nicht bekommen, aber dafür sorgt er im Jahreskalender des Museums Havelländische Malerkolonie für die waghalsigste Perspektive. Der Monat September zeigt Globischs „Baumgartenbrücke 1“ von 1976. Ein Blick aus der Vogelperspektive auf die Havel, am unteren Bildrand eine Eisenbahnbrücke aus Stahl. Es dominiert das intensive Havelblau – und, ganz schmal, ein beißend roter Streifen am Horizont.

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Zwei Klassiker Potsdamer Kalenderkunst
Seit inzwischen 30 Jahren versorgt der Potsdamer Maler Olaf Thiede Jahr für Jahr eine geneigte Fangemeinde mit „Märkischen Landschaften“. Immer in Pastell, immer stimmungsvoll. 2025 geht es nach Chorin, an die Havel bei Ketzin, in die Dorfkirche von Zitz. Und nirgends geht die Sonne schöner auf als an einem schneereichen Wintermorgen in Babelsberg.

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Auch die Kalender von Christian Heinze gehören längst zu den Klassikern, allerdings preislich am anderen Ende der Skala angesiedelt. Auf handgeschöpftem Papier zeigt Heinze hochqualitative klassische Motive aus Potsdams Seen- und Parklandschaft. Radierungen von Schlössern, Türmen, Treppen. Die schneebedeckte Friedenskirche, der Heilige See im saftigen Grün, unberührt von Zeichen der Gegenwart. In diesem Jahr hat Heinze auch sechs stimmungsvolle Ostsee-Ansichten in einem separaten Kalender zusammengefasst.
Viele Handschriften, viele Orte
Ein Klassiker eigener Art ist inzwischen der kostenlose Jahreskalender der ProPotsdam. Seit vier Jahren ruft sie lokale Kreative auf, sich mit Kunstwerken am Kalenderformat zu beteiligen. „Am Wasser“ lautet das Thema 2025. Verschiedenste Handschriften, unterschiedlichste Orte stehen hier nebeneinander.
Statt Schlössern begegnet man eher dem Ufer des Krampnitzsees, dem Sportlerwohnheim am Luftschiffhafen, dem Zentrum Ost bei dramatisch untergehender Sonne. Oder, im Monat Dezember, in einem ungewöhnlichen Silikonschnitt von Annette Paul, der Schiffbauergasse. Die ist am Bildrand nur fast zu erkennen. Dafür in grauweißem Licht ganz viel Winterhimmel, der sich im Wasser spiegelt. „Der Himmel“, schreibt Paul zu ihrem Bild, „beginnt an den Füßen.“
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