Kultur: So viele Melodien im Kopf
Gedenk-Matinee für den Komponisten Karl-Ernst Sasse im Filmmuseum
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Der Komponist Karl-Ernst Sasse. „Dieser ganze Mensch atmete und bewegte sich, als sei die Musik sein Lebensstrom, als sei sein Blutkreislauf von musikalischen Strömen begleitet. Eine Aura von Lebens- und Sinnenfreude umgab ihn fast immer. Ich kenne kaum einen Künstler, bei dem Leben und Werk so sehr eins, so sehr in Harmonie verbunden waren“, sagte die Schriftstellerin Christa Kozik gestern in einer Matinee im Filmmuseum zum Gedenken an Karl-Ernst Sasse, der am 12. November des vergangenen Jahres im 83. Lebensjahr starb.
Christa Kozik berichtete in ihrer Würdigung von einem Besuch am Krankenbett des Babelsberger Komponisten. Dort habe sie ihm aus ihrem Kinderbuch „Der Engel mit dem goldenen Schnurrbart“ vorgelesen. „Er hat gelächelt, auch herzlich gelacht. Und als ich ihn fragte: Wollen wir nicht beide eine Kinderoper oder ein Musical machen, funkelten seine Augen, als sähe er schon kleine Noten aufblitzen. ,Ich habe noch soviel Melodien im Kopf“, sagte er.“
Das Gedenken im Filmmuseum geriet zu keiner von unüberwindlichen Trauer erstarrten Feierstunde. Bei allem Ernst, dem solch eine Veranstaltung innewohnt, in dem bewusst wird, dass dem Leben eine Grenze gesetzt ist, war sie vor von einer fast graziösen Heiterkeit beseelt. Dazu hatten auch die gelungenen Beiträge in Wort, Bild und Musik einen wesentlichen Anteil. So der Film „Ìch habe alles außer Zirkus gemacht“. Darin haben Gitta Nickel und Wolfgang Schwarze den Komponisten Karl-Ernst Sasse vor wenigen Jahren porträtiert und ihn und seine Frau Ingeburg bei Besuchen wichtiger Lebensstationen begleitet, so nach Meiningen, wo er am dortigen Theater als Kapellmeister auch seine Frau kennenlernte, nach Wernigerode, wo er als „Stadtmusikdirektor“ wirkte, und natürlich in die Filmstudios von Babelsberg. Rund 500 Filmmusiken hat er seit 1968 geschaffen, vor allem für DEFA-Produktionen, aber auch Orchester- Chor- und Bühnenwerke, Lieder, Chansons sowie Hörspielmusiken. „Sein musikalisches Archiv im Kopf und sein Gedächtnis waren gigantisch. Er beherrschte alle Stilrichtungen von den Anfängen der Musik bis zur Jazz- und Rockmusik“, sagte Christa Kozik.
Einen kleinen Einblick in Sasses reiches kompositorisches Schaffen gaben der Schauspieler Gisbert-Peter Terhorst, begleitet von Christian Kozik am Klavier, mit vier heiteren Chansons nach Texten von Adolf Glasbrenner und Werner W. Wallroth in einer treffsicher köstlichen Interpretation, sowie Ingolf Börnchen, Oboe, Siegfried Kerber, Klarinette, Hermann Krammer, Fagott, ehemalige Mitglieder des DEFA-Sinfonieorchesters, mit dem Sasse die meisten seiner kompositorischen Arbeiten verwirklichte. Das Trio spielte einen kantablen Satz aus einer dreisätzigen Serenade. In dieser Gedenkstunde, die von vielen Freunden, Weggefährten und Bewunderern Sasses besucht wurde, spürte man herzliche Dankbarkeit für ein vielfältiges Werk und gegenüber einem liebenswerten, uneitlen Menschen.
Der künstlerische Nachlass und das Tonstudio des Komponisten sollen Eingang in die Filmmuseums-Sammlung finden.
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