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Einzelgängerischer Individualismus. Die Skaterszene war der DDR-Obrigkeit ein Dorn im Auge. Die Skater sahen sich allerdings als unpolitisch.

© Harald Schmidt

KULTUR IN POTSDAM: Spaß und Freiheit

„This ain’t California“: Ein Thalia-Filmgespräch über Skaterszene in der DDR.

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Sie ist vielen als grau und uniform in Erinnerung. Und auch Jugendsubkulturen wollen der ehemaligen DDR einfach nicht zugestanden werden. Umso erstaunlicher daher nun die in die deutschen Kinos kommende dokumentarische Erzählung „This ain’t California“ – ein Film über die sogenannte Rollbrettszene in der DDR. Regisseur Marten Persiel, selbst ehemaliger Skater, allerdings mit Westbiografie, erzählt mithilfe von Super-8 Filmmaterial, Interviews und Animationen die Geschichte der Nachbarsjungen Nico, Dennis und Dirk, die im Neubauviertel Magdeburg-Olvenstedt ihre Skaterkarriere begannen.

Ausgediente Stuhllehnen und alte Rollschuhrollen werden zu Boards zusammengebaut und sind die Grundlage für einen neu entdeckten Sport, der von der DDR-Staatsmacht skeptisch betrachtet und als Virus des Imperialismus bezeichnet wird. Kinder, die Sport nicht als Leistungsträger, sondern lediglich für sich selbst und zum Spaß betreiben. Einzelgängerischer Individualismus, den es zu unterbinden gelte. Auf der diesjährigen Berlinale gab es neben viel Anerkennung auch einige kritische Fragen vonseiten der Presse an den Film. Das Material dieser Freundschaftsgeschichte scheint lückenlos, trotzdem stellte sich die Frage nach der Authentizität des Bildmaterials.

Für das Potsdamer Publikum, das am Samstagabend im Thalia-Kino neugierig auf den Filmstart von „This ain’t California“ wartete, war eine Diskussion in diese Richtung nicht möglich. Bereits vor Filmbeginn betrat Moderatorin Christiane Niewald zusammen mit Regisseur Marten Persiel, Produzent Michael Schöbel und Darsteller René Falk Thomasius das Kino und kündigte aus Termingründen ein Vorabgespräch für das Publikum an. Die Fragen konnten daher nur eher technischer Natur sein, da der Film dem Publikum ja noch unbekannt war und augenscheinlich niemand über die kritische Auseinandersetzung mit dem Film informiert war.

Das Publikum erfuhr so viel, dass die Produktionsdauer insgesamt etwa drei Jahre betrug und die Finanzierung sich wie üblich in der Branche als schwierig gestaltete. Hier half den Machern das sogenannte Crowdfunding, die Vorfinanzierung des Films durch Sympathisanten und das zukünftige Publikum. Das umstrittene Material sei ein Zusammenspiel aus privaten und Archivaufnahmen und der Rest des Films hätte einer Menge Recherchen bedurft. Motivation des Films, dessen Geschichte in den 1970ern beginnt und der bis in die Jetztzeit spielt, war die ganz persönliche Skaterkarriere von Marten Persiel, die Faszination dieses gemeinsamen Traums vom Skaten und der Versuch der Verzahnung einer Ost-und Westberliner Szene.

Dann setzte der Regisseur seine Recherche zur skatenden Subkultur in der DDR weiter fort: Er fragte das Publikum, ob es auch in Potsdam eine Skaterszene gab. Marten Persiel hatte Glück. Aus dem Publikum meldete sich ein Gast, der sich als erster Skater Potsdams outete. Zusammen mit einem Freund bildete er die damals zweiköpfige Potsdamer Skaterszene, die ihren Parcours über die Eierberge in Sanssouci, die Promenade auf der Freundschaftsinsel oder einfach quer durch die Innenstadt fuhr. Mehr als fünf Boards habe sich der ehemalige Skater selbst gebaut und, ähnlich wie den Jungen im Film, war es ihm vor allem um den Spaß am Sport gegangen.

Skater René Falk Thomasius pflichtet dem bei, er bestätigt den weniger politischen, eher von Spaß und Freiheit motivierten Charakter des Sports. Und er schimpft heute noch auf die, die die Jugendlichen immer wieder disziplinieren und von der Straße holen wollten. Schließlich stellt er stolz fest: „Wir sind immer noch da und die sind weg.“

Andrea Schneider

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