Kultur: Spaßgesellschaft
Ab heute in Töplitz: Menschenbilder von Emila Muszynska und Gesichterskulpturen von Piotr Wetniak
Stand:
Ab heute in Töplitz: Menschenbilder von Emila Muszynska und Gesichterskulpturen von Piotr Wetniak Es wimmelt nur so von Menschen. Auf den Bildern stehen sie eng aneinander gedrängt, scheinen fast den Rahmen zu sprengen. Auch davor haben sich zahlreiche skurrile Figuren positioniert. Aufgestelzt schauen sie mit hochnäsiger Miene dieser wilden Parade schräger Typen zu. Beinahe hat man das Gefühl, das Spannungsfeld zwischen Malerei und Plastik zu stören, wenn man sich als Besucher der Töplitzer Dorfgalerie zwischen die Arbeiten drängt, um vor allem die kleinen Bronzeplastiken näher unter die Lupe zu nehmen. Doch die Einmischung lohnt. Piotr Wetniaks Gesichterskulpturen sind eine sinnenfrohe Offenbarung. Hier spürt man die Freude des genauen Beobachters, der seinen Spaß am unbekümmerten Mienenspiel oder an der entlarvenden Grimasse seiner Mitmenschen gern weiter gibt. Ob der „Empörte Asiat“, der „Typ aus meinem Team“ oder der „von der Zeit gealterte“ – allesamt sind sie vergnügliche Charakterstudien, die der polnische Künstler gut durchgearbeitet in unkonventionellen Formen präsentiert. Seine Leidenschaft für das Dreidimensionale hat der heute 33-Jährige schon als kleines Kind ausgelebt. Er formte ganze Stadtlandschaften mit winzigen Figuren aus Plastilin. Später stieg er als Segelflieger hoch in die Lüfte und flog schließlich in die Akademie der Schönen Künste in Poznan ein. Er richtete sich zweigleisig aus: studierte Bildhauerkunst und parallel dazu Innenarchitektur. Heute sind die Wege miteinander verschmolzen. Bekommt Piotr den Auftrag, ein Haus zu gestalten, schaut er sich als erstes seinen Arbeitgeber an. Der findet sich dann in einer Plastik wieder – was nicht immer schmeichelhaft ausfällt. Die in die Porträts einfließende Spannung erhält dann ihre „Verlängerung“ in der Raumgestaltung. Seit zehn Jahren geht der Künstler freiberuflich diesen Weg, und hat sich durchaus schon einen Namen gemacht. Noch ganz am Anfang ihrer Karriere steht die ebenfalls sehr begabte Polin Emila Muszynska, die vor 15 Jahren mit ihren Eltern von Bromberg nach Berlin auswanderte. Als sie 14-jährig in Deutschland ankam, hatte sie zwar mit den sprachlichen Barrieren zu kämpfen, war aber überwältigt von dieser so bunten und schönen Welt. Dieses Bunte steht heute bei ihr in einem anderen Kontext. Emila, die vor zwei Jahren an der UdK Berlin in der Klasse von Volker Stelzmann ihr Diplom ablegte – dessen Einfluss noch spürbar ist – zeigt sich wie Piotr als leidenschaftliche Beobachterin von Menschen. Sie sieht sich gern in der Rolle der Reporterin, die mit ihrem kleinen Skizzenblock durch die Stadt schlendert und Motive inhaliert. Aus diesen „Notizen“ erwuchs schließlich das große Thema Spaßgesellschaft, das sie an der Love Parade und beim Karneval der Kulturen äußerlich „dingfest“ machte. Es ist ein greller Aufmarsch mit den verrücktesten Verkleidungen, die sie in ihre kraftvollen Bilder packt. Gespreizte Pfauen mit erschreckend leeren Gesichtern. Und genau das ist es, was Emila will: „zeigen, dass viele Jugendliche sich nicht mehr für Politik und gesellschaftliche Inhalte interessieren.“ Schon allein wie sie sich benehmen und wie sie sich kleiden, sei für sie ein Indiz dafür. Emila sucht die Auseinandersetzung – und diese Reibung überträgt sich auch auf den Betrachter. Ein paar Mal konnte die 28-Jährige ihre Arbeiten schon ausstellen: in ihrer alten und neuen Heimat. „Aber es ist schwer für eine junge Künstlerin, in Galerien reinzukommen.“ Deshalb wird sie jetzt ihr unterbrochenes Lehramtsstudium zu Ende bringen. Sicher ist sicher. Der Malerei will sie trotz aller Unwägbarkeiten treu bleiben. Die Ausstellung in Töplitz kann sie darin nur bestärken. Heidi Jäger Eröffnung heute 17 Uhr. Zuvor um 16 Uhr Konzert mit dem deutsch-polnischen Duo Rebekka Wittig, Cello, und Daria Bartosik, Geige, in der Dorfkirche.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: