Kultur: Spiegelungen
Kiki Gebauer setzt im Neuen Atelier Panzerhalle Mauerzeichen
Stand:
Die rot-weiße Beschilderung ist ein Hingucker. Am „Einschlupf“ zum Haus 5 der Groß Glienicker Waldsiedlung markant an der Außenmauer platziert, heischt sie nach Aufmerksamkeit. Ob peripher oder von Dauer, ist für diese Installation nicht der springende Punkt. Steht die Beschilderung vor allem als Zeichen für eine Metamorphose, die sich hinter den alten Backsteinfassaden des längst ausgedienten Kasernenareals über Wochen und Monate ereignet hat. Dort, wo noch bis vor einem Jahr Schüler paukten, sind nach und nach die Künstler eingezogen, haben sich Maler und Bildhauer aus Berlin und Brandenburg in den aufgegebenen Klassenzimmern und Lernkabinetten ihre Ateliers und Werkstätten eingerichtet.
Kiki Gebauer, eine von ihnen, hat mit ihren rot-weißen Schildern ein weithin sichtbares Zeichen gesetzt. Ein Zeichen für die Kunst und für die Aufbruchstimmung, in der sich die rund 20 Künstler des Vereins Neues Atelierhaus Panzerhalle auch noch Wochen nach der offiziellen Eröffnung Anfang Juli befinden.
In dem übersichtlich gehaltenen Atelier von Kiki Gebauer steht die Acrylfarbe in Flaschen bereit, ein großer Tisch auf Rollen lässt sich bequem durch den Raum manövrieren. Durch die hohen Fenster fällt großzügig Tageslicht und an den Wänden hängen Fotos, Leinwände, verspiegelte Objekte und Spiegelkästen.
Kiki Gebauer erläutert, wie ihre minimalistischen Kunstwerke entstehen. Ihren zweidimensionalen Arbeiten – Leinwänden, Schildern und Wasserzeichen – geht eine gründliche Konzeption am PC voraus. Die Arbeit an der Komposition aus Farbflächen und Mustern für ihre abstrakten Bilder findet demnach überwiegend am Monitor statt. Erst später erfolgt die Umsetzung im großen Maßstab im Atelier.
Anders verfährt die Künstlerin, wenn sie dreidimensional arbeitet. Hier spielt sie mit Hilfe schlichter Holzmodelle unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten und Effekte durch, die sie gerne mit eingepassten Spiegeln verstärkt. Diese Vorarbeiten, für die sie nicht unbedingt auf ein Atelier angewiesen ist, halfen Kiki Gebauer über mehrere Jahre trotz improvisierter Raumverhältnisse produktiv zu arbeiten. Bis vor kurzem hatte sie sich noch in Berlin-Kreuzberg mit vier anderen bildenden Künstlern einen großen Raum geteilt, der bestenfalls mittels einer spanischen Wand die Möglichkeit eines Rückzugs bot. Diese Arbeitssituation ist für Kiki Gebauer inzwischen Geschichte.
Gleichzeitig mit ihr haben auch Katrin von Lehmann und Sibylla Weisweiler das gemeinsame Kreuzberger Atelier gegen ihr neues Quartier im Neuen Atelierhaus Panzerhalle eingetauscht. Umgeben von Wald, Wiesen und Seen fließen Kiki Gebauer, die ursprünglich Landschaftsplanerin war, fruchtbare Ideen zu. Im Wasser und seiner spiegelnden Oberfläche liegt für sie ein großer Reiz.
Wasserspiegelungen sind es letztlich auch, die Kiki Gebauer zu einem Großteil ihrer aktuellen Objektbilder und Spiegelkästen inspirieren. Am Anfang jedoch waren die „Wasserzeichen“ bzw. deren folgenreiche Geburtsstunde bei einem Schleusenbesuch der Künstlerin vor Jahren am Main. Die markanten Piktogramme an der Schleuse lösten in ihr den Wunsch aus, selbst vergleichbare Schilder zu fertigen. Am Ufer eines Kanals oder eines still fließenden Gewässers in Natur- und Stadtlandschaften integriert, wirken die seither entstandenen, in Reihe konzipierten plakativen Wasserzeichen wie ein Signal. Erst durch die Spiegelung im Wasser fügt sich das zweifarbige Muster des Zeichens zum vollständigen Bild.
In Berlin befinden sich solche mehrteiligen Wasserzeichen in den Bezirken Charlottenburg und Neukölln unmittelbar am Ufer der Spree. Die mit Bootslack bemalten Kunststoffplatten halten über einem langen Zeitraum so ziemlich jeder Witterung stand.
Was Kiki Gebauer vor vielen Jahren motivierte, den Beruf der Landschaftsplanerin zu ergreifen, wurde für die freischaffende Künstlerin längst erneut zum Dreh- und Angelpunkt ihrer Kreativität: „Ich wollte Schönheit im Außenraum schaffen“, beschreibt Kiki Gebauer das Gefühl, das sie einst zur Landschaftsgestaltung brachte. Zwar sind die Bildtafeln und Wandobjekte keineswegs dem Außenraum vorbehalten.
Dennoch spielt das Intervenieren und Gestalten mittels Kunst im öffentlichen Raum und besonders in der Landschaft für die Künstlerin offenkundig eine tragende Rolle. Auch dies spiegelt sich in besagter rotweißer Beschilderung: plakativ, signifikant und garantiert nicht eindimensional.
Almut Andreae
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