Kultur: Spießlauten der Freiheit
Bassekou Kouyaté aus Mali im Waschhaus
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Schon mal etwas von Ngoni gehört, der Langhals-Spießlaute, die in Mali gespielt wird? Paul McCartney oder U2-Sänger Bono schon – sie bezeichnen nämlich den malischen Griot-Musiker Bassekou Kouyaté als musikalische Inspiration. Und auch die britische BBC verpasste dem Album des Musikers und seiner Band Ngoni Ba den Titel „Album of the Year“. Am Dienstagabend war Bassekou Kouyaté im Waschhaus zu Gast: Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung hatte zu einer Diskussionsrunde über „Musik und Freiheit in Mali“ mit anschließendem Konzert eingeladen. Was wenige wussten: „Mali ist einer der musikalischen Hotspots Afrikas, neben Südafrika“, wie Radioeins-Moderator Johannes Paetzold kategorisierte. Ihm zur Seite saß die FDP-Subsahara-Expertin Denise Dittrich, und natürlich Bassekou Kouyaté. So richtig in Gang kam die Diskussion trotzdem nicht, was womöglich an der schleppenden Übersetzung lag oder daran, dass viel Hintergrundwissen vorausgesetzt wurde. Von Mali weiß der gut gebettete Europäer nämlich herzlich wenig: Es gibt einen Konflikt im Norden, der im Jahr 2012 eskalierte, Tuareg-Rebellen proklamierten einen eigenen Staat Azawad, der sich vom südlichen Mali abspaltete – zwei Staaten entstanden. Die politische Schieflage zog dazu islamistische Rebellen an, die sich wiederum mit den Tuareg bekämpften. Kouyaté, der dem einflussreichen Griot-Clan angehört, einer Dynastie von Dichtern und Musikern, trat auf Bitten der malischen Regierung im Fernsehen auf, um die Bevölkerung zum Frieden aufzurufen: gar nicht einfach bei mehr als 300 verschiedenen Ethnien in Mali, wie Kouyaté im Griot-Umhang erzählt. „Menschen, die Musik machen, machen keinen Krieg“, hofft der Friedenskämpfer.
Dass die Ngoni-Musik durch Kouyaté nicht nur verwestlicht, sondern modernisiert wurde, konnte man im anschließenden Konzert hören. Der orientalische Einfluss der Spießlauten, die bisweilen extrem schnell gespielt wurden, war nicht zu überhören, aber immerhin waren diese seltsam anmutenden Instrumente mit Tonabnehmern, Reglern und Kabeln versehen. Spätestens als Kouyaté ein Solo mit dem eher für Jimi Hendrix typischen Wah-Effekt spielte, war der Zusammenprall mit der westlichen Wirklichkeit unüberhörbar – diese jazzige Experimentierfreudigkeit hörte sich nicht so fremd an, wie sie an den in grünen Gewändern spielenden Musikern aussah, dazu gab es die wunderbar voluminöse Stimme einer Sängerin und großartige Percussion-Soli. Wenn Musik die Sprache der Verständigung und des Friedens sein soll, dann klingt sie so ganz verheißungsvoll. old
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