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Kultur: Sprich mit ihr

Stefanie Stappenbeck sprach im Thalia über ihre Rolle in „Komm näher“

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„Die ist ja total sympathisch“ stellt eine junge Frau verblüfft fest. Stefanie Stappenbeck hatte gerade ein paar Minuten über ihre Rolle in Vanessa Jopps vergangene Woche in den Kinos gestarteten Episodenfilm „Komm näher“ geredet. Die Verwunderung ist vordergründig verständlich, ist die von Stappenbeck gespielte Architektin Ali im Film doch alles andere als eine Sympathieträgerin. Vielmehr ist sie eine Karrierefrau, die sich um den beruflichen Erfolg herum auch noch ihr privates Familienglück bauen möchte.

Am Samstag war die 1974 in Potsdam geborene und heute in Berlin lebende Stefanie Stappenbeck, die 1999 für ihre Rolle in „Dunkle Tage“ mit der Goldenen Kamera und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde, zu Gast im Babelsberger Thalia-Kino. Und fürwahr, Stefanie Stappenbeck ist sympathisch, das lässt sich nicht leugnen. Wenn sie mit lockerer Miene vor der Leinwand lehnt, in legerer Kleidung und die Hände in den Hosentaschen mutig drauflos berlinert, den ganzen Saal selbstverständlich duzt und ebenso selbstverständlich geduzt wird, dann wird sofort jene Distanz zwischen Schauspielern und ihren Rollen deutlich, die letztendlich die Kunst des Schauspielgewerbes ausmacht. Selbst bei einem Film, der scheinbar auf heute angesagte Authentizität baut.

Nichts an Stappenbecks Auftritt erinnert an die verzweifelt zielstrebige Architektin im Film. Bemerkenswert ist dies im Falle von „Komm näher“, weil die beteiligten Schauspielerinnen die charakterlichen Eigenschaften von Personen aus ihrem Bekanntenkreis mitbringen durften, die dann in den Film eingebaut wurden. Was vor allem den weiblichen Figuren einen durchweg bemerkenswerten Facettenreichtum bescherte. Da es zudem kein ausgearbeitetes Drehbuch gab und die Schauspieler bei den Dialogen improvisieren mussten, entstand ein sehr spontan wirkender Film. Doch der Schein trügt: Regisseurin Vanessa Jopp bleibt auch hier eine Autorenfilmerin, die nichts aus der Hand gibt, die vielmehr die Spontaneität so lange für sich arbeiten lässt, bis eine Szene in ihr Konzept passt. So erzählte Stappenbeck von den Strapazen der Dreharbeiten. Manche Szenen mussten bis zu achtmal wiederholt werden. Oder sie erzählt, wie sie für eine Szene mehrfach kunstvoll vor der Kamera zusammenbrach, bis ihr die Regisseurin mitteilte, dass der Zusammenbruch erst am nächsten Tag abgedreht würde.

Lohn der strapazierenden Arbeit ist ein wunderbar warmherziger Film über die Kälte im winterlichen Berlin. Ein Film, der ganz unterschiedliche und dennoch verwandte Geschichten von Einsamkeit und der Sehnsucht nach Liebe erzählt und der nur ganz am Rande die einzelnen Handlungsstränge miteinander verknüpft. Etwa den, in dem die einsame Johanna (Heidrun Bartholomäus) schüchtern Kontakt zum Taxi fahrenden Langzeitsingle Andi (Fritz Roth) aufnehmen möchte und um ein Haar gegen ihre eigene sechszehnjährige Tochter Mandy (Marie-Luise Schramm) die Segel streichen muss. Oder den, in dem die wiederum umwerfende Meret Becker als Mathilda so ihre Probleme mit der Arbeits- und Männerwelt hat, was der schnuckelige Polizist Bronski (Hinnerk Schönemann) jedoch ändern könnte. Und natürlich den der von Stappenbeck gespielten Karrieristin Ali, deren künstlerischer Lebenspartner (Marek Harloff) sich unfähig zeigt, Verantwortung zu übernehmen.

„Komm näher“ ist belustigend und beängstigend zugleich. Ein Film über die fehlende Bereitschaft, miteinander zu reden und ein Film darüber, wie anstrengend es sein kann, ein Gespräch anzufangen. Ein Film also, über den man reden sollte, vielleicht sogar reden müsste.

Natürlich ist es niemandem anzukreiden, dass sich Regisseurin Vanessa Jopp krankheitshalber entschuldigen ließ. Trotzdem ist das Filmgespräch als verpasste Chance zu beklagen. Die Hauptdarstellerin zeigte sich zwar ebenso redegewandt wie redegewillt, auch das Publikum war interessiert, jedoch direkt nach dem Film nicht in der Lage sofort loszufragen. Und da niemand die Gesprächsleitung übernahm, die Diskussion so nicht angeregt oder Gesagtes reflektiert wurde, brachte der Abend tatsächlich als einziges Ergebnis, dass auch heute noch zwischen Schauspielern und ihren Rollen stets eine gewisse Distanz herrscht. Aber das ist – pardon – banal.

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