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Mit einem Stift in der rechten Hand ist Friedrich Schiller auf der Schillerhöhe in seiner Geburtsstadt Marbach/Neckar als Denkmal verewigt.

© Michael Latz/ddp

Von Klaus Büstrin: Staat machen mit Schiller

Gedanken zum heutigen 250. Geburtstag des Weimarer Dichters: Königin Luise wollte den Dramatiker nach Berlin und Potsdam holen

Stand:

Mit deutschen Dichtern ist kein Staat zu machen, stellte Preußens König Friedrich II. fest. Mit den Franzosen natürlich, pflegte er wohl nur deshalb die Muttersprache Voltaires, Racines oder Corneilles. Die Lobeshymnen seiner Untertanen Anna Louise Karschin, Johann Wilhelm Ludwig Gleim und Karl Wilhelm Ramler interessierten ihn nicht sonderlich, waren sie schließlich in der deutschen Sprache verfasst. Und für Goethe, dem Vertrauten seiner Nichte, Herzogin Anna Amalia von Weimar, und populären Dichter der „Leiden des jungen Werther“, hatte er nur verachtende Worte übrig: „Um sich davon zu überzeugen, wie wenig Geschmack bis auf unsere Tage in Deutschland herrscht, brauchen Sie sich nur ins öffentliche Schauspiel zu begeben. Sie werden dort die Aufführung der abscheulichsten Stücke von Shakespeare, in unsere Sprache übersetzt erleben Aber da gibt es noch so einen Götz von Berlichingen, der auf der Szene erscheint, eine abscheuliche Nachahmung jener schlechten englischen Stücke “

1778 weilte Goethe mit Herzog Carl August in Potsdam und Berlin. Der Minister und Dichter sah zwar den Park und das Schloss Sanssouci, aber den König nicht. In der preußischen Hauptstadt hatte Goethe in allen Ständen viele Verehrer und Verehrerinnen. So reiste eine reiche Bürgersfrau aus Berlin nach Weimar, um den bedeutenden Dichter persönlich kennen zu lernen. Sie bekam auch Audienz. Als Goethe sie empfing, deklamierte sie pathetisch: „Fest gemauert in der Erde / Steht die Form aus Lehm gebrannt.“ Goethes Antwort darauf: „Es freut mich, dass Sie meinen Freund Schiller ehren.“

Um 1800 waren die Balladen und Theaterstücke des Weimarer Dichters Friedrich Schiller weithin bekannt. Die Buchveröffentlichungen und Aufführungen seiner Schauspiele taten das Ihrige. Preußens Königin Luise, die Frau Friedrich Wilhelms III., schätzte das literarische Werk Friedrich Schiller über alle Maßen. Schon als Zehnjährige lernte sie den Dichter bei ihrer Großmutter in Darmstadt kennen. Als sie mit ihrem Mann 1799 Weimar besuchte, war sie von dem Kennen lernen Goethes und Schillers tief beeindruckt. Sie riet ihrem Bruder Georg, den Erbprinzen von Mecklenburg-Strelitz, sich in die Gesellschaft solch „herrlicher Männer“ zu begeben.

Im Mai 1804 lud der Intendant des Königlichen Schauspiels, August Wilhelm Iffland, Schiller nach Berlin ein. Ihm zu Ehren wurden nach einander „Die Braut von Messina“, „Die Jungfrau von Orleans“ und „Wallensteins Tod“ aufgeführt. Als der Weimarer seine Loge im Theater betrat, erhob sich das Publikum von den Plätzen und spendete Schiller Applaus. Auch die Königin wollte den Weimarer Dichter unbedingt sehen. Sie hoffte, dass sie und ihre Vertraute Caroline von Berg, eine Kennerin der Literatur, den Dichter überreden könnten, von Weimar nach Berlin und Potsdam zu wechseln.

Im Schloss Sanssouci wurde Schiller am 4. Mai 1804 vom Königspaar empfangen. Im Park unter alten Bäumen und kostbaren marmornen Figuren lud man den Dichter zum Frühstück ein. Und der König bat Schiller auf Bitten seiner Frau, nach Preußen umzusiedeln. Der prominente Dichter fühlte sich geschmeichelt und nahm das Anerbieten an. Doch bat er Luise und Friedrich Wilhelm um Geheimhaltung, so lange „bis er die Auflösung seiner Verhältnisse in Weimar mit der erforderlichen Zartheit bewirkt haben würde “ Gegenüber seinem Freund Theodor Körner äußerte sich Schiller: „Zwar würde es mir in Weimar immer am besten gefallen. Aber meine Besoldung ist so klein und ich setze ziemlich alles zu, was ich jährlich erwerbe, so dass wenig zurückgelegt wird. Um meinen Kindern einiges Vermögen zu erwerben, muss ich dahin streben, dass der Ertrag meiner Schriftstellerei zum Kapital geschlagen werden kann, und dazu bietet man mir in Berlin die Hände. Musik und Theater bieten mancherlei Genüsse an, obgleich beide bei weitem nicht das leisten, was sie kosten “ Doch es war nicht das Geld allein, Weimar zu verlassen, Schiller wollte mit 45 Jahren noch einmal sein Umfeld verändern.

Seine Frau hatte aber kein Interesse Weimar zu verlassen. Sie hatte sich in der Stadt sehr gut eingerichtet. Und so schrieb er an die preußische Regierung einen Brief, in dem er vorschlug, einen Teil des Jahres in Weimar verbringen zu wollen, den anderen in Berlin und Potsdam. Wer wollte die Anregungen einer großen Stadt mit der besinnlichen Ruhe einer kleinen verbinden. Er forderte zugleich die nicht unerhebliche Summe von 2000 Talern jährlich, um „ein Bürger des Staats zu sein, den die ruhmvolle Regierung des vortrefflichen Königs beglückt“. Königin Luise wusste, dass mit dem Dichter Friedrich Schiller viel Staat zu machen sei, dass die geistige Autorität Preußens mit dieser Persönlichkeit erhöht werden könne. Zu einer Einigung zwischen Schiller und der preußischen Regierung kam es nicht mehr, denn ein Jahr nach dem Besuch des Dichters bei Königin Luise und König Friedrich Wilhelm III. in Sanssouci starb Schiller am 9. Mai 1805. Die Königin schrieb an Caroline von Berg: „Ach, auch in meinem Schiller hab‘ ich wieder gelesen! Warum ließ er sich nicht nach Berlin bewegen? Warum musste er streben?“

Vor dem Schauspielhaus (heute Konzerthaus) auf dem Berliner Gendarmenmarkt wurde 1868 ein pompöses Schiller-Denkmal aufgestellt, vor dem intimen Schloss Charlottenhof reiht sich der Weimarer Dichter in den Kreis seiner berühmten Kollegen ein. Neben ihm natürlich Goethe.

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