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Kultur: Stillstand und Bewegung

Das Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus im Kunstraum Potsdam zu Gast

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Geschlossen. Die Kunstsammlungen der Brandenburgischen Kulturstiftung Cottbus sind zur Zeit für die Öffentlichkeit nicht sichtbar. Sie ziehen um. In ein ehemaliges Dieselkraftwerk. Es wird für das Kunstmuseum derzeit saniert und umgerüstet. Im ersten Quartal des neuen Jahres soll das Industriegebäude eröffnet werden. 22 300 Kunstwerke beherbergt es dann in seinen Mauern, in den Gattungen Malerei, Skulptur, Grafik, Fotografie und Video sowie im Plakat.

Auf Reisen: Das Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus ist mit einem kleinen Ausschnitt seiner Sammlungen unterwegs. In der Waschhaus-Galerie, dem Kunstraum Potsdam, haben die rund 40 Werke Station gemacht. „Wenn die schönsten Franzosen nach Berlin kommen, dann können auch die schönsten Cottbuser in Potsdam zu Gast sein“, sagte Waschhaus-Mitarbeiterin Katja Dietrich etwas ironisch. Nun, über das, was schön ist, kann man geteilter Meinung sein. Und die meisten Bilder, die im Kunstraum zu sehen sind, wollen nicht mit dem Markenzeichen „schön“ versehen sein. Die Landschaft, Natur, der Raum und die Umwelt sind die Themen der Ausstellung, Themen, mit denen sich das Cottbuser Kunstmuseum vorrangig in seiner Arbeit und Sammlungstätigkeit beschäftigt. Dem Betrachter vermitteln die ausgestellten Bilder zahlreiche Gedankenverbindungen, fordern von ihm auch die Kunst der Assoziation und sie beziehen ihn nachträglich in den Schaffensprozeß mit ein.

Vorm Horizont. Unter diesem Thema steht die Cottbuser Präsentation. Die Künstler blicken auf die unmittelbare Welt. Da erscheint vor unseren Augen die flache Landschaft, die uns so vertraut ist, ausgestattet mit allen Insignien des menschlichen Lebensraumes, in denen man auch Plattgemachtes, Leergeräumtes, Zurückgelassenes entdeckt. Das Bild „Der Schwarzendeich und der Polder Dronthe“ des Amsterdamer Fotokünstlers Jan Koster nimmt fast eine ganze Wand ein. Aus 39 Farbfotografien collagierte er sie zu einem großen Bild. Koster besucht jedes Jahr diese Landschaft und dokumentiert sie in all ihren manipulierten Veränderungen und auch Zerstörungen. Von Heinrich Riebesehl, Hannover, stammt die Fotoserie „Agrarlandschaften“. Das Bild Ronnenberg ist vom Motiv her ganz unspektakulär. Aber das abgeerntete Kohlfeld wirkt wie ein unruhiger Ort, bei dem die Gemüsekisten wie Hochhäuser herausragen. Des Hamburger Klaus Hartmanns Tafelbild „Candy Station“ (Süße Station), das ein nicht mehr arbeitendes Stellwerk zeigt, vereint Stillstand und Bewegung. Es ist ein Übergangsbild, auch eines, das Hoffnung macht, denn die offenen Bahnschranken und die mit vielerlei Farben angestrichene Fassade des Stellwerks deuten darauf hin, dass dort noch manches zu erwarten ist. Zum menschlichen Lebensraum gehören Wahr- und Kennzeichen. Auch große Bauwerke, die die Landschaft beherrschen. Beispielsweise Kirchen, in denen sich Zeit und Raum begegnen. Norbert Schwontkowski aus Bremen hat die überdimensionalen und auch kunstvollen Dome und Kathedralen in monochromer Farbgebung aufs Bild gebannt. „Halt im Wald“ nennt der Berliner Kurt Buchwald sein Fototableau. Der Wanderer entdeckt im Wald bei Wiepersdorf weniger Stille und schöne Natur, sondern Unheimliches, ein Wald, in dem sich Martialisches breit gemacht hat. Und manchmal tragen die Bilder den Stempel eines nie voll fassbaren Geheimnisses, so in den Landschaften des brandenburgischen Künstlers Johannes Geccelli – durch die äußerste Konzentration auf Farbe und den Verzicht auf naturhafte Abbildung.

Geöffnet: Das Kunstmuseum Dieselkraftwerk im Kunstraum Potsdam. Es lässt an den mehr oder weniger zeitkritischen Reflektionen von Künstlern unserer Tage teilnehmen.

Bis 11.11., Mi.-Fr 14 bis 20 Uhr, Sa -So 12-20 Uhr, Kunstraum, Schiffbauergasse.

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