Ostalgie für jene, die sie suchen Es hat schon etwas von Buddelkasten-Ästhetik. Da steht sie also wieder: die DDR, in bekannten Formen angerichtet und inmitten der lang gezogenen Bahnhofspassage serviert. Kleine „Urlaubsinseln“ reihen sich zwischen TUI-Aufstellern und PDS-Wahl-Quartier in der Ausstellung „Ferien in der DDR“ lose aneinander – und die Leute bleiben fasziniert stehen. „Ja, im Pionierferienlager – da waren die Kinder alle gut aufgehoben“, meint eine Frau mittleren Alters. Sie nimmt ihre Wasserflasche und prostet auf die Jugend, „die heute nicht weiß, was sie anfangen soll.“ Der fußlose Plaste-Jungpionier am Tipi hört ungerührt zu. An einer Landkarte mit den Ferienballungsgebieten der DDR und der sozialistischen Bruderländer wird englisch gesprochen. Ein junger Mann erklärt, dass seine Eltern nie in den Westen reisen konnten. Ungläubigkeit in den Gesichtern der ausländischen Freunde. Ganz vertieft liest sich eine Jugendliche an Tafeln mit FDJ-Emblemen und Frösi-Ausschnitten durch die Geschichte von FDGB-Ferienheimen, betriebseigenen Bungalows, FKK-Bewegung oder Zeltplatz-Gewimmel. Spürt sie etwas von der Enge und dem Kleingeist in der DDR, von dem rätselhaften Konstrukt, der die Wellen der Erinnerung noch immer so hoch schlagen lässt und so unterschiedliche Assoziationen auslöst? Natürlich spülen die brav und betulich arrangierten grauen Zeltleinwände, der Campinganhänger Marke Eigenbau oder der Konsum-Stand mit Kaffeeersatzmischung, Hallorenkugeln und Imi über Bord Gegangenes für einen Moment wieder an die Oberfläche. Und was erzählt uns das Ganze? Lang ist es her, zum Glück. Ansonsten bei der Autorin ein eher gelangweiltes Schulterzucken. Vielleicht ist der Urlaub in Kroatien noch zu frisch. Die Ausstellung ist keine pure Ostalgieschau, obwohl sie von vielen Betrachtern sicher so genommen wird. Die beigefügten Erörterungen sind um Aufklärung bemüht, reihen Zahlen und Fakten aneinander. Und doch erzählen sie zu wenig, um wirklich aufzumerken. Auch das Sammelsurium von DDR–Produkten bringt kaum Gefühle in Schwingung, weder positive, noch negative. Bestenfalls ein mattes Lächeln. Auch der Kopf zieht keine größeren Kreise. Ja, natürlich gab es kaum Ferienplätze. Also haben wir gezeltet, die Tütensuppe auf dem kleinen Kocher nicht heiß gekriegt, dafür um so tiefer in die Stierblut-Flasche geguckt. Das Thema Urlaub kann durchaus Geschichte reflektieren. Diese „Buddelkasten-Show“ zeichnet indes eine Strandkorb-Idylle mit Kleckerburg, die bald weggeschwemmt ist.Heidi Jäger
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