
© PNN/Michael Bahlo
Theater gucken beim Shoppen: Das HOT zeigt Kunst in der Brandenburger Straße
Ein verlorener Pinguin, ein anzügliches Riesenbaby, Lieder von David Bowie: Das Hans Otto Theater machte die Brandenburger Straße erneut zum Schaufenster seiner Kunst.
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Seit 2006 hat das Hans Otto Theater seine Bleibe in der Schiffbauergasse, mindestens ebenso lange sehnt es sich nach mehr Aufmerksamkeit im Herzen der Stadt. Wie bringt man die Menschen auf Theatergedanken, wenn das Gebäude so deutlich außer Sichtweite steht wie in Potsdam? Das Team um Bettina Jahnke fand darauf vor einigen Jahren eine einleuchtende Antwort: beim Shoppen.
„Schauspielfenster“ heißt das Format, das am Wochenende erneut in der Innenstadt zu erleben war, zwei Wochen vor den ersten Premieren im Großen Haus. Angelehnt ist das an dem Prinzip, das im Englischen trefflich mit „Window Shopping“ bezeichnet wird: Konsumiert werden keine käuflichen Güter, sondern die Schaufensterauslagen. Hier: Teile von Theaterstücken.
Von 18 geplanten Premieren der beginnenden Spielzeit (Titel: „Das volle Theater“) waren 14 Teaser zu erleben. Die Theaterfundstücke variierten so sehr wie das Angebot der beteiligten Läden: vom Schuhladen über Bäckerei und Buchladen bis zum Optiker, alles dabei. Aus dem Bauchladen des Theaters auch noch vieles mehr - von Lesung („Stern 111“, mit Paul Wilms), Straßentheater („7 ½ Brücken“ mit Janine Kreß und Hannes Schumacher), interaktiver One-Man-Show („Das beste aller möglichen Leben“ mit Guido Lambrecht) bis zur markerschütternden Musicaleinlage nach David Bowie („Lazarus“ mit Mascha Schneider und Philipp Mauritz).
Idealerweise paarten sich Entdeckungen wenig frequentierter Orte (Luisenforum) mit Neugier ködernden Einsichten: dass Sommertheater nicht lockerleicht sein muss etwa. Gegeben wurde hier von Charlott Lehmann und Arne Lenk Peter Turrinis „Der tollste Tag“, geplant als Sommerstück auf der Seebühne 2025.
Unmittelbar bevor hingegen steht die Begegnung mit dem aufmüpfigen Riesenbaby (Guido Lambrecht), das Passantinnen in existenzielle Diskussionen („Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod?“) verwickelte und zotige Witze zum Besten gab. „Das beste aller möglichen Leben“ hat am 21. September Premiere.
Und sonst? Ein Pinguin suchte in der spätsommerheißen Brandenburger Straße nach dem Meer. Der Gründungsmythos der Stadt Poztupimi wurde getanzt, der Buchtitel wie „Schlomo und Isolde“ zugunsten von „Mein Kampf“ verworfen. Und wer sie nicht ohnehin spürte, konnte sie sich mit bedruckten Fächern zuwedeln, die Theaterluft.
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