zum Hauptinhalt

Kultur: Tierische Betrachtungen

Elf Künstler aus Brandenburg und Berlin in der Produzentengalerie M

Stand:

Pferdestärken sind das Maß aller Dinge, zumindest in der Automobilbranche. Die Opferhaltung von Lämmern ist beinahe sprichwörtlich, genauso wie der Katzenjammer nach dem rauschenden Gelage. Doch die neue Ausstellung des Brandenburgischen Verbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler (BVBK) hat eigentlich einen unpassenden Namen. Denn nicht Tiere, wie der Titel „Tierische Betrachtungen“ impliziert, betrachten Menschen, sondern auch hier ist die Blick- und Denkrichtung entgegengesetzt. Elf Potsdamer und Berliner Künstler ganz unterschiedlicher Couleur und sehr verschiedener Arbeitsweisen stellten Bilder, Fotografien, Plastiken und auch einen Videofilm mit dem Sujet Tier für die Produzentengalerie M zur Verfügung.

Zuerst fallen dem Betrachter die vielen Fische ins Auge, gleich danach die Lämmer. Die Fotografin Petra Walter-Moll hat beide in den Blick genommen. In ihrer 2004 entstandenen großformatigen Serie „Osterlamm“ hat sie auf ungewöhnlich direkte Weise dessen rituelles Sterben festgehalten: Nahaufnahmen eines brechenden Auges, von freigelegten Innereien und dem enthaupteten und gehäuteten Tier zeugen jedoch von Ehrfurcht für die geopferte Kreatur und darüber hinaus für den Lebenskreislauf. Ähnliche Emotionen finden sich auch im Gemälde „Tunesisches Stillleben“ (1987) von Axel Gundrum, das die achtlos weggeworfenen Köpfe und Füße von geschlachteten Rindern in ihrer stillen Größe zeigt.

Die sieben Fische, die die Potsdamerin Astrid Germo auf ihren Hinterglasmalereien aus diesem und dem letzten Jahr porträtiert, erscheinen wie märchenhafte Relikte aus einer fernen Vergangenheit. Eine silbrige Plötze inmitten von stilisierten Rosenblüten, ein goldfarbener Döbel zwischen blauen Unterwasserpflanzen, dazu noch Barramundi, Red Snapper und Lachs vor ähnlich gestalteten Hintergründen. In ihrer Ikonenhaftigkeit wirken sie beinahe so überhöht wie die Tierfiguren auf den Bildern von Angela Frübing. „Maria und das Einhorn“ stammen aus der Folge „Verkündigung“ und der Drachenkampf in „Märchen“ symbolisiert kunstvoll den immerwährenden Kampf zwischen Gut und Böse.

Buchstäblich mit allen vier Beinen auf der Erde steht Ulf Schülers schlichte Holzplastik „1PS“. Sie spiegelt jedoch genauso wie Maren Simons ironischer Katzen- „Verführer“ eine der grundlegendsten menschlichen Eigenschaften – nämlich alles und jeden im eigenen Interesse und für die unterschiedlichsten Projektionen zu benutzen – wider. Einiges Mitgefühl für die leidende Kreatur spricht hingegen aus Monika Aladics’ Bild „Nachts unter dem Vesuv“, auf dem streunende Hunde die verlassenen Gassen mit ihrer Verzweiflung füllen, bei Sabine Ploss sind „Straßenköter“ zu zweit und lila.

„Wenn Tiere Menschen wären, ließen sie sich nicht so viel gefallen“, kann man bei Patricia Highsmith nachlesen. Auch die immer schneller wechselnde kulturelle Codierung und Decodierung nicht, von der die Exposition in der Produzentengalerie nur einen kleinen Ausschnitt wiedergibt, der den Betrachter jedoch einigermaßen nachdenklich zurücklässt.

Bis 22. Juli, geöffnet von Mi bis Fr von 11 - 17 Uhr, Sa-So von 11-18 Uhr

Astrid Priebs-Troeger

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })