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Kultur: „Truppe und Schiff sind nicht zu trennen“

Am Sonntag spielen Potsdamer Kabarettisten für das Theaterschiff / 2007 legt es nach Poznan ab

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Das Theaterschiff muss nicht auf dem Trockendock verdorren. Es kann wieder durchstarten und bekommt wenigstens erst einmal für die nächste Saison die nötige „Schmiere“. Seiner Besatzung, der Stadt-Spiel-Truppe, sollte die Hälfte des Fördergeldes gestrichen werden. Da blähten sich die Segel mächtig auf und nicht nur die Mannschaft des Theaterschiffes lief Sturm. Die Stadt machte, nach dem die Öffentlichkeit kräftig die Alarmglocken schlug, wieder 10 000 Euro locker und auch Ministerpräsident Matthias Platzeck setzte sich dafür ein, dass „kein Loch ins Schiff geschlagen wird“. Über Lotto-Mittel flossen so noch einmal 5000 Euro in den „Tank“.

Nun fehlen zwar immer noch 15000 Euro, aber befreundete Ensembles stehen zur Seite und wollen per Benefiz mit dafür sorgen, dass nichts über Bord geht. Am Sonntag spielen als erste Potsdamer Kabarettisten für das Theaterschiff, und das „Haus“ sei schon mehr als ausverkauft, so der künstlerische Leiter der Stadt-Spiel-Truppe, Wilfried Mattukat. Für ihn haben die zurück liegenden Debatten nach dem vernichtenden Urteil von Prof. Hermann Voesgen im Evaluierungsbericht der Stadt durchaus auch etwas Positives. „Ich war erstaunt, dass sich überhaupt etwas bewegt. Aber es wurde hingehört und begriffen – bei Politikern und im Kulturamt ebenso – dass Truppe und Schiff nicht zu trennen sind. Und wir haben uns natürlich auch selbst in die Karten geguckt.“

Mit den eigenen Angeboten müsse sich die Theatergruppe nicht verstecken. „Wir gaben in diesem Jahr bereits 39 Vorstellungen.“ Zwei davon mit „Männer“ in Justizvollzugsanstalten. „Natürlich ein Wagnis. Wir stellten uns in unserem Stück vor, wie Knastis sind. Nun die Realität. Am Anfang riefen sie uns zu: ,Gaukler raus“ und am Ende winkten sie und sagten ,Kommt bald wieder“. Ein tief bewegendes Erlebnis auf beiden Seiten“, so Mattukat. Aber auch am angestammten Platz in der Alten Fahrt könne man mit Inszenierungen wie „Sekretärinnen“ oder dem Kästner-Abend durchaus punkten. Letzterer läuft demnächst zum 50. Mal. „Eine andere sichere Bank sind die Kabarettisten, die seit zwei Jahren ihr treues Publikum bei uns finden. Nur bei Gast-Konzerten erlebt das Schiff immer mal wieder Zuschauerschlappen. Die Neugierde ist nicht gerade eine Stärke der Potsdamer.“

Rund 25 Angebote gibt es monatlich im Theaterbauch. Für 2007 sind drei Premieren geplant: Tschechows „Möwe“, „Klamms Krieg“ von Kai Hensel und „Ein Winter unterm Tisch“ von Roland Topor. Auch Gastspiele in den Haftanstalten wird es wieder geben . Und das Schiff läuft aus. Im Juni geht es auf Fahrt nach Poznan zum Maltafestival sowie nach Gorzow zur 750-Jahrfeier. Seetauglich ist der 1927 erbaute „Sturmvogel“ durchaus noch, wie er letztmals vor vier Jahren bewies. Der TÜV läuft noch bis 2008. Eine Woche Fahrzeit veranschlagt die Crew, zu der sowohl die Stadt-Spiel-Truppe als auch eine Theatergruppe aus Poznan gehören wird. Sie kommt zuvor nach Potsdam, um dann gemeinsam abzulegen. Während der Reise wird ein deutsch-polnischer Programm-Mix erarbeitet: „Rund um das Thema Wasser – passend zum Kulturlandjahr 2007. Auf dem Grund der Flüsse liegen Geschichten, die es zu heben lohnt. Zum Beispiel die der Waffenreste der Deutschen Wehrmacht, die es noch in der Oder gibt.“ Mit an Bord werden auch kleinere Stücke sein, wie Mrozeks „Serenade“, das das Theater aus Poznan ebenfalls in petto hat, so dass es zu einem interessanten Vergleich kommen könnte. Im Moment fehlt den Potsdamern allerdings noch ein Cello für ihre Serenade. „Kulturamtsleiterin Frau Seemann hat uns schon ihr eigenes angeboten. Die Krise hat also einiges ausgelöst“, so Wilfried Mattukat.

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