
© Kammerakademie
Kammerakademie Potsdam: Verneigung vor der Qualität
Die Kammerakademie Potsdam erhält am Sonntag in Berlin den renommierten Echo Klassik-Preis. Ein Gespräch mit dem Orchesterchef Alexander Hollensteiner.
Stand:
Es wird ein spannender Abend werden, auf alle Fälle einer, der glücklich machen könnte. Alexander Hollensteiner, Geschäftsführer der Kammerakademie Potsdam, sowie die drei Konzertmeister des Orchesters, Yuki Kasai, Meesun Hong Coleman und Peter Rainer, werden am Sonntag auf die Bühne des Konzerthauses Berlin gebeten, um die wichtigste deutsche Musikauszeichnung, den Echo Klassik- Preis, in Empfang zu nehmen. Neben ihnen werden weltberühmte Künstler ebenfalls geehrt werden, unter anderen die Mezzosopranistin Elina Garanca, der Tenor Jonas Kaufmann, der Klarinettist Andreas Ottensamer oder der Pianist Lang Lang.
Das Potsdamer Orchester wird für seine Schubert-Aufnahmen geehrt
Die CD-Einspielung von Franz Schuberts Sinfonien Nr. 2 und 4., die bei Sony Classical erschien, hat die Echo-Jury überzeugt – die Kammerakademie wird als „Orchester des Jahres“ gekürt. Chefdirigent Antonello Manacorda wird bei der Preisverleihung in Berlin fehlen, da er künstlerische Verpflichtungen am Teatro La Fenice in Venedig hat. Dort dirigiert er gerade „Die Zauberflöte“ von Mozart. „Schade, dass er den Preis nicht selbst entgegennehmen kann, denn schließlich hat er neben den Musikern den entscheidenden Anteil am Erfolg der Interpretation. Die Aufnahmen sind auch beispielgebend für die großartige musikalische Partnerschaft zwischen dem Orchester und seinem Chefdirigenten“, sagt Alexander Hollensteiner im Gespräch mit den PNN. Anlässlich der Echo-Preisverleihung bietet Sony Classical alle acht CDs der in diesem Jahr abgeschlossenen Schubert-Reihe in einer Box an. Der Geschäftsführer ist sich sicher, dass der Musikpreis die Präsenz des Orchesters auch auf nationalen und internationalen Konzertpodien erhöhen wird.
Bei allen Erfolgen, die die Kammerakademie in ihrer 14-jährigen Geschichte erringen konnte, wird natürlich stets an die Zukunft gedacht. „Nach der intensiven Beschäftigung mit den Schubert-Werken werden wir uns ab dieser Saison verstärkt den Sinfonien des Romantikers Felix Mendelssohn Bartholdy zuwenden, der bekanntlich auch mit der preußischen Kultur- und Musikgeschichte eng verbunden ist“, berichtet Hollensteiner, der in dieser Saison das zweite Jahr als Geschäftsführer des Hausorchesters des Nikolaisaals fungiert. Sony Classical habe schon angeklopft, um auch in Sachen Mendelssohn wieder mit der Kammerakademie zusammenzuarbeiten.
Das Orchester will auch in die Stadt hineinwirken - zum Beispiel mit musikpädagogischen Angeboten
Hollensteiner wechselte 2014 vom Musikfestival Mecklenburg-Vorpommern nach Potsdam. „In den ersten Monaten war ein intensives Kennenlernen und Zuhören angesagt“, erinnert er sich: „Gespräche mit Musikern, Politikern und vor allem mit unserem Publikum standen im Zentrum meiner Arbeit.“ Die flexible Struktur der Kammerakademie sowie ihre schlanke Organisation überzeugen den Geschäftsfelder nach wie vor. „Doch wer zu uns kommt, weiß, dass man ohne eine feste Anstellung tätig sein wird“, sagt er: „Da ist es verständlich, dass Musiker auch in anderen Ensembles mitwirken, um sich ihre Lebensqualität zu sichern.“ Doch Hollensteiner ist froh, dass immer wieder Top-Nachwuchsmusiker im Orchester spielen möchten.
Eine Verknüpfung der Künste – der Literatur, der bildenden Kunst und der Wissenschaften – strebt der Geschäftsführer bei den Programmen an. „Mit der Stadt- und Landesbibliothek haben wir wieder Veranstaltungen vereinbart, auch der Salonabend im Palais Lichtenau könnte neben den musikalischen Darbietungen auch vielfältige Themen aus Kunst und Wissenschaft behandeln“, sagt Alexander Hollensteiner. Die Konzertreihen im Nikolaisaal und in der Friedenskirche haben seit dieser Spielzeit inhaltlich erstmals einen roten Faden, bei dem es viel Neues zu entdecken gibt.
Die Konzerte mit dem Ensemble KAPmodern sowie die musikapädagogische Arbeit mit Kindern sind weitere wichtige Facetten, auf die der Geschäftsführer nicht verzichten möchte. Und natürlich auch nicht auf die Potsdamer Winteroper, die in diesem Jahr zum dritten Mal in der Friedenskirche Sanssouci und in Kooperation mit dem Hans Otto Theater stattfindet. „Wir werden in dem sakralen Raum uns auf Opern konzentrieren, die selten zur Aufführung kommen und in denen biblische Inhalte zum Tragen kommen“, erklärt Hollensteiner. Ende November wird Alessandro Scarlattis szenisches Oratorium „Cain und Abel“ gepielt.
Mit der Vorjahres-Produktion, Händels „Jephta“, gastierten die Potsdamer bei den Wiener Festwochen und erst in den vergangenen Tagen auch bei den internationalen Theatertagen Hamburg. Hollensteiner versteht solche Einladungen als „Verneigung vor der Qualität, die wir in Potsdam und darüber hinaus anbieten“. Klaus Büstrin
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: