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Kultur: Viel Action und viele Geigen

Der Kinderfilm „Die rote Zora“ im Filmmuseum

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Der Film ist eine Melange aus Pippi Langstrumpf, Ronja Räubertochter, Robin Hood und der Hau-drauf-Komik von Bud Spencer. Man spürt den Herzschlag des Regisseurs für tapferes Aufbegehren, unbändige Freiheit und selbstlosen Zusammenhalt. Ganz in Musketier-Manier hat „Die rote Zora“ ihre Uskoken eingeschworen, gegen das Unrecht zu Felde zu ziehen. Und das sind in diesem Fall die korrupten Pläne des Bürgermeisters. Die Jugendgang, selbst Fallengelassene, fühlt sich solidarisch mit den Kleinen, mit den Fischern ihres Küstenstädtchens. Und sie zeigt den Geldgeiern mutig die Zähne.

Regisseur Peter Kahane bekennt, dass er als Kind auch immer eine Bande haben wollte: „Und ich suche noch jetzt danach.“ Der 59-jährige Großvater hat seine Träume nicht verraten, und die Kinder im Filmmuseum, die beim Aktuellen Potsdamer Filmgespräch am Montag dabei waren, dankten es ihm. Sie hätten gern noch eine Fortsetzung der Geschichte gesehen, die am Ende natürlich zum Triumphzug der Gerechtigkeit gegenüber dem schnöden Mammon wurde.

„Die rote Zora“ – der 1941 geschriebene Jugendbuchklassiker von Kurt Held – habe ihm auf Anhieb gefallen. „Er zeigt Menschen mit viel Charakter und Besonderheiten,“ sagt Peter Kahane, der u.a. mit „Ete und Ali“, „Die Architekten“ und seinen Dokumentarfilm über die verstorbene Sängerin Tamara Danz beeindruckende Filmwerke schuf. Und nun auch mit der widerspenstigen Zora, die in Linn Reusse – Enkeltochter der Schauspieler Dorit Gäbler und Peter Reusse – eine temperamentvolle Darstellerin fand. Drei Monate verbrachte die Filmcrew zusammen in einem Hotel in Montenegro, „und auch wir waren eine eingeschworene Gemeinschaft.“

Peter Kahane beließ die Handlung in der Vergangenheit. „Sie ins Jetzt zu verlegen, hieße eine andere Geschichte zu erzählen. Die Vernachlässigung von Kindern heute in Deutschland sieht ganz anders aus. Ich wollte einen märchenhaften, zeitlosen Film.“ Allein die Kulisse in Montenegro hätte nicht traumhafter sein können: „Es waren tolle Motive, und wir suchten uns unter den Rosinen die süßesten heraus.“ Das war im Herbst 2006 und mitten in der Schulzeit. Dennoch versäumten die schauspielernden Kinder nicht allzu viel, denn ein Lehrer war mit ihnen an die Adria gereist. Ohnehin bringe das Drehen die schulischen Leistungen eher voran. „Die Arbeit vor der Kamera gibt den Kindern große Sicherheit und mehr Selbstbewusstsein,“ so Kahanes Erfahrung.

An ihrer Seite hatten die jungen Zora-Rebellen zudem erfahrene Filmgrößen wie Dominique Horwitz, Mario Adorf und Ben Becker. Das gab dem Ganzen seine besondere Würze. Sich für die Bürgermeisterrolle eine Glatze schneiden und die herrlichen Ohren noch besser segeln zu lassen, sei ebenso wie die kissengestopfte Leibesfülle die Idee von Horwitz selbst gewesen. „Ganz uneitel. Dadurch war er noch prägnanter“, sagt der Berliner Regisseur, der keinerlei Schwierigkeiten hatte, die namhaften Schauspieler für die Produktion zu gewinnen. „Wer wirklichen Ruhm als Schauspieler genießen will, muss auch in Kinderfilmen mitspielen. Gerade die bleiben oft unvergessen. Noch heute kann ich mich an ,Das kalte Herz“ mit Erwin Geschonneck erinnern, den ich als kleiner Junge sah.“

Nur die Filmmusik wurde in dem halbvollen Saal von einer erwachsenen Zuschauerin kritisiert: „Zu viele Geigen.“ Ansonsten fand sie trotz Klischees alles sehr liebevoll. Eine Mischung aus altmodischem DEFA-Stil und skandinavischer Machart. Kahane reagierte gelassen: „Ich habe mich nicht gesträubt, konservatives Kino zu machen.“ 700 000 Zuschauer sahen bislang in Deutschland den Film und auch im Ausland findet er Zuspruch. Das gebe ihm ein gutes Gefühl. Für seinen No-Budget-Film „Meine schöne Nachbarin“ mit Jörg Schüttauf, der morgen im Berliner „Babylon“ Premiere hat, würde er sich das ebenfalls wünschen. Doch bislang hat er noch keinen Verleih.

„Die rote Zora“ heute sowie Sa und So, jeweils 16 Uhr, im Filmmuseum.

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