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Kultur: Viel mehr als Schwarz-Weiß

Beim siebten Konzert des Orgelsommers beeindruckte der Italiener Francesco Di Lernia mit seinen intelligenten Interpretationen

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Es war ein festlich dahinströmendes Werk, das zum Auftakt des siebten Konzerts des Internationalen Orgelsommers Potsdam am vergangenen Mittwoch erklang: Francesco Di Lernia spielte in der Friedenskirche die Toccata I des Barockkomponisten Georg Muffats, die wie geschaffen dafür ist, die Klangfülle des Instruments zu demonstrieren. Die Orgel mit ihren 52 Registern aus der Werkstatt Gerald Woehls in Marburg hat vor zehn Jahren ihren Weg in das Gotteshaus im Park Sanssouci gefunden. Es ist ein Instrument, das vor allem sinfonischer Orgelmusik sehr zupasskommt Doch auch barocken Werken kann sie ein stimmiges Klangbild verleihen, wenn ein Künstler wie der Italiener Francesco Di Lernia auf der Orgelbank sitzt, der seit 2011 Rektor des Konservatoriums „Umberto Giordano“ der Stadt Foggia ist. Intelligent und elegant geht er mit den vielfältigen Klangfarben und Registrierungen um. Niemals herrscht bei ihm ein pauschales klangliches Schwarz-Weiß vor, vielmehr macht er Abstufungen und Differenzierungen plastisch hörbar – ohne Pathos, ohne Erdenschwere. Seine so ökonomische wie souveräne Technik liefert dazu den sicheren Untergrund.

In seinem Programm hielt Francesco Di Lernia auch Werke seiner italienischen Heimat parat, etwa Arcangelo Corellis Concerto X op. 6. Die Piecen des Komponisten aus dem 17./18. Jahrhundert entfalteten zu seiner Zeit eine bemerkenswerte Vorbildwirkung, die sich zeitweilig zu einer echten Corelli-Manie steigerte. Bis heute vermitteln sie ein stilsicheres und stimmungsvolles Bild der barocken italienischen Verzierungskunst. Jeder Tanzsatz des Concerto wurden von dem Gastorganisten auf ihren immanenten Affektgehalt ausgeleuchtet und mit einem wunderbaren Gespür für den natürlichen Fluss der Musik wiedergegeben.

Erstaunlich ist, dass es bei Johann Sebastian Bach immer noch etwas zu entdecken gibt: Francesco Di Lernia spielte seine Aria variata alla maniera italiana BWV 989, die eigentlich für das Klavier komponiert wurde. Voll agiler Inspiriertheit setzte der Italiener die manchmal sperrigen figürlichen Wendungen dieses kompositionstechnisch komplexen Werkes um.

Zum Finale des außerordentlich gut besuchten Orgelkonzerts spielte Di Lernia die sogenannte „Vater unser im Himmelreich“-Sonate in d-Moll op. 65 Nr. 6 aus dem Jahre 1844 von Felix Mendelssohn Bartholdy. Mehr mild als machtvoll, im zügigen Tempo interpretierte er den Choral, wobei er auf virtuoses Auftrumpfen verzichtete. Das berühmte Andante-Finale, das keine thematische Rückbindung zum Choral besitzt, hörte man als Ausklang fromm-froher Eleganz, wundersam verklingend. Eine Wiedergabe von klassischer Klarheit und Schlankheit. Die Zuhörer dankten warmherzig. Klaus Büstrin

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