Kultur: Vokalkunst und Saitenfusion
Die musikalischen Bande zwischen Italien und dem übrigen Europa waren schon immer stark. Giovanni Gabrieli, der Hauptorganist des Markusdoms, galt als einer der wichtigsten Komponisten und Lehrer seiner Zeit.
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Die musikalischen Bande zwischen Italien und dem übrigen Europa waren schon immer stark. Giovanni Gabrieli, der Hauptorganist des Markusdoms, galt als einer der wichtigsten Komponisten und Lehrer seiner Zeit. Zu ihm fühlten sich Heinrich Schütz in Dresden oder Morgens Pederson in Kopenhagen hingezogen. Sie wurden Schüler Giovanni Gabrielis. Diesen drei Komponisten war das Konzert „Venedigs Glanz in Kopenhagen“ in der Friedenskirche Sanssouci mit dem berühmten Mosaik im Altarraum aus Murano nahe der Lagunenstadt gewidmet.
Natürlich galt das Interesse der Konzerthörer den Werken des Venezianers sowie des Dresdners, doch vor allem war man gespannt auf die Musik des hierzulande nahezu unbekannten Morgens Pederson (1585-1623). Das mit internationalen Künstlern besetzte und in Belgien beheimatete Ensemble Scherzi musicali brachte unter der Leitung von Nicolas Achten, der die Theorbe spielte und gleichzeitig seinen Bariton erklingen ließ, die Werke der frühbarocken Meister zu Gehör. Die fünf sehr jungen Vocalsolisten mit Alice Foccroulle, Luciana Mancini, Kevin D. Skelton, Sebastian Marino Leon sowie Nicolas Achten bilden den Kern der Formation, die insgesamt stilsicher und klar disponiert sangen: die repräsentative Klanglichkeit Gabrielis (Sacrae Symphoniae), die ausdrucksstarke Redekunst der Schützschen „Kleinen Geistlichen Konzerte“ und der „Symphoniae Sacrae“ sowie die größtenteils homophon und farbigen Sätze von Morgens Pederson. Die Wiedergabe der Messe aus dessen Sammlung „Pratum spirituale“ wurde zum Höhepunkt des Konzerts. Von geradezu intimer Konzentration bis zu fast sinfonischer Opulenz reicht das unvollständige Werk. Hier vor allem erreichten die Sängerinnen und Sänger gemeinsam mit den Instrumentalisten, die mit Violine, Viola da gamba, Theorbe, Zink Dulzian und Orgel aufwarteten, die geschlossenste Leistung. Klangsensibel, beweglich und angemessen eloquent. Zuvor, vor allem im ersten Teil des Konzerts, hatte nicht alles unbedingt Festival-Qualität. Da klapperte es hin und wieder, auch das Klangbild nicht immer überzeugend. So wollte sich Nicolas Achtens Bariton mit den anderen Stimmen nicht mischen und die Musiker deckten den Gesang der Vokalisten mit ihren Instrumenten zu. Klaus Büstrin
Vielleicht lockte das Geheimnis der „magischen Saitenspiele zwischen Barock, Folk und Freistil“. Oder die seltene Gelegenheit, gleich drei Hardangerfiedeln auf einmal zu hören, ergänzt von Gambe und Hackbrett. So ungewöhnlich wie die Kombination dieser Instrumente war auch das Programm, das unterschiedlichste musikalische Stilrichtungen und Epochen umfasste. Was zunächst kompliziert anmutet, erwies sich als überwiegend gelungenes Experiment von fünf Musiker-Persönlichkeiten aus Norwegen, Belgien und Deutschland. Benedicte Maurseth und Knut Hamre, betraut mit der undankbaren Aufgabe des Anfangs, noch dazu als Solisten, betören in den Neuen Kammern mit Klangstücken im norwegischen Stil. Dass Knut Hamre schon siebenmal den norwegischen Wettbewerb für traditionelle Musik gewonnen hat, erschloss sich sofort bei seinem wunderbar polyphonen, leuchtenden, sensiblen, organisch fließenden Spiel. Seine temperamentvolle Schülerin Benedicte Maurseth entführte das Publikum mit herben Klängen in die kargen Weiten der norwegischen Landschaft, wo ein einzelner Ton so lange nachhallt, bis plötzlich die heftigen Rhythmen eines Halling-Tanzes den Boden vibrieren lassen. Prächtig lockt Benedicte Maurseth akkordische Klänge eines ganzen Orchesters aus der Hardangerfiedel, deren flaches Griffbrett und Resonanzsaiten manches ermöglicht, was eine italienische Violine nicht vermag.
Der dritte Norweger im Bunde, Nils Økland, ebenfalls Schüler von Knut Hamre, wechselt virtuos zwischen Violine und Hardangerfiedel und bereicherte mit Eigenkompositionen die Palette dieser Fusionmusik. Wie selbstverständlich fügen sich die minimalistischen, barocken Bassmuster der Gambe und das metallische Geklöppel des Hackbretts, das von Elisabeth Seitz brillant gespielt wird, in die rauschhaften Werke. Etwas aus dem Rahmen fallen die Stücke für Gambe solo aus dem Frühbarock. Philippe Pierlot trägt die extravaganten Werke auf seiner dunkel volltönenden Gambe bravourös vor. Den Horizont erweitert auch ein Werk des italienischen Komponisten Felice Giardini, ein perfektes Modell des galanten Stils. In der durchaus aparten Version für Fiedel, Hackbrett und Gambe erklingt das, was ursprünglich Trio für Violine, Viola und Cello war. Dessen italienische Cantabilità und zierliche Rokokofigurationen bilden einen krassen Kontrast zu den markanten, rauen und stürmischen Nordlandklängen des Abends. Babette Kaiserkern
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