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Kultur: „Vom Effect des Ganzen“

Das Gärtnerhaus in der Graphik: Persius gab dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm IV. die richtige räumliche Vorstellung

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Im Jahr der Graphik 2009 beteiligt sich auch die Graphische Sammlung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) mit der Ausstellung „Die Römischen Bäder in Bleistift, Feder und Wasserfarbe“(bis 26. Juli) in den Römischen Bädern im Park Sanssouci an den vielfältigen Aktivitäten graphischer Sammlungen deutschlandweit. In einer losen Artikelfolge wollen wir gemeinsam einige ausgestellte Arbeiten vorstellen. Heute schreibt Claudia Sommer über Ludwig Persius’ „Gärtnerhaus und Terrasse am Pavillon am See“.

Im Frühjahr 1830 gingen die Arbeiten an dem neuen Gärtnerwohnhaus, das in der Nähe des Schlosses Charlottenhof im Stil ländlicher italienischer Gehöfte errichtet wurde, gut voran. Schon längst hatten Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. und sein Architekt Karl Friedrich Schinkel weitere Ideen für die Vervollkommnung dieser Anlage entwickelt. Dazu gehörte auch die Errichtung eines tempelartigen Pavillons direkt am Ufer des Maschinenteiches, in dem man Billard spielen oder Tee trinken konnte.

Zum Geburtstag des Kronprinzen am 15. Oktober sollte der Bau fertig sein. Der junge Bauinspektor Ludwig Persius, der von Schinkel gefördert und früh mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut wurde, leitete das Projekt vor Ort. Regelmäßig berichtete er nach Berlin über den Stand der Arbeiten. Außerdem fertigte Persius, der auch ein vorzüglicher Zeichner war, eine Reihe von perspektivischen Darstellungen an, damit sich der Kronprinz „eine richtige Vorstellung vom Effect des Ganzen“ machen könne. Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass die hier gezeigte Ansicht des Gärtnerhauses und der Terrasse am Pavillon auch zu diesen Blättern gehörte, die dem Bauherren schon vorab einen Eindruck von der räumlichen und malerischen Wirkung des Gebäudekomplexes vermitteln sollten. Nicht jedes gezeichnete Detail wurde später in die Realität umgesetzt.

Der Blick des Betrachters wird über die Gartenterrasse zu dem Pavillon geführt, der in der Form eines griechischen Tempels errichtet wurde. Eine locker berankte Pergola verbindet ihn mit dem Gärtnerwohnhaus. In den kraterförmigen Vasen, die auf der niedrigen Terrassenmauer stehen, wachsen abwechselnd Aloe- und Akanthuspflanzen, die den gewünschten Eindruck südlicher Gefilde unterstreichen sollen. Dahinter ergießt sich ein hoher Springstrahl in ein kreisrundes Becken. Zum Betrieb der Fontänenanlagen war im obersten Turmgeschoss des Gärtnerwohnhauses ein Wasserbehälter installiert worden. Am rechten Bildrand grenzt an der Stelle, wo erst einige Jahre später das Römische Bad errichtet wurde, ein hoher Laubengang den Gartenhof nach Norden ab.

Zusammen mit vier weiteren Persius-Ansichten des „Hofgärtneretablissements“ bei Charlottenhof gehört diese fein ausgearbeitete Bleistiftzeichnung zur sogenannten Aquarellsammlung, die zu den bedeutendsten Beständen der Graphischen Sammlung der SPSG gehört. Dieses Konvolut aus etwa 3 800 Blättern (Aquarelle, Gouachen, Bleistift- und Federzeichnungen) entstand durch die gemeinsame Sammeltätigkeit Königin Elisabeths und ihres Gemahls Friedrich Wilhelm IV. Die beiden engagierten sich wie kein anderes preußisches Königspaar als Mäzene und Sammler graphischer Kunstwerke. In der Aquarellsammlung sind Arbeiten von über 900 vorwiegend deutschen Künstlern vertreten. Das Königspaar, das viele von ihnen durch Aufträge oder finanzielle Zuwendungen förderte, hatte sich damit eine Nationalgalerie „im Kleinen“ geschaffen. Die Sammlung trägt den Charakter einer Privatsammlung, die Zeugnis von den persönlichen Neigungen und Interessen ihrer Besitzer ablegt. Sie ist zwar keiner strengen inhaltlichen Ausrichtung unterworfen, doch überwiegen Ansichten von Städten und Landschaften. Neben Darstellungen aus Italien, Spanien, Österreich und Russland gibt es zahlreiche Motive aus der bayerischen Heimat der Königin Elisabeth sowie eine Fülle von Ansichten aus Berlin und Potsdam.

In der Ausstellung zum „Jahr der Graphik“ werden davon achtzehn Darstellungen „in Bleistift, Feder und Wasserfarbe“ von dem malerischen Gebäudeensemble um die Römischen Bäder gezeigt, die in der Zeit von 1830 bis etwa 1855 entstanden. Sie halten sicher auch für den ortskundigen Betrachter manch überraschende Einblicke bereit.

Claudia Sommer ist Leiterin der Graphischen Sammlung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

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