Ihre treuen Fans in der ehemaligen DDR nannten sie Vroni. Die 1951 in einem thüringischen Dorf geborene Veronika Fischer war vielleicht die verehrteste Schlagersängerin im Osten. Sie war nicht nur einfach eine Sängerin, sondern eine vielseitige Künstlerin, sang Schlager und Chanson, Spiritual und Kinderlieder. Auch Schauspielerei probierte sie aus – entschied jedoch für sich, dass das Singen einfach besser zu ihr passte.
Eigentlich hätte sie Oratoriensängerin werden sollen, weil sie so eine warme, tiefe Stimme habe, schreibt sie in ihrer Autobiografie von 2013: „Das Lügenlied vom Glück“. Das Buch, das sie gemeinsam mit dem Liedermacher und Texter Manfred Maurenbrecher geschrieben hat, stellt sie am morgigen Samstag in einer musikalischen Lesung vor.
Die erste musikalische Bildung gab es zu Hause. Die vier Fischer-Schwestern lernten Instrumente spielen, es gab gemeinsame Auftritte bei Familienfeiern und Talentwettbewerben. 1968 ging Veronika Fischer zum Gesangsstudium nach Dresden, wurde in eine Tanz-Combo aufgenommen und besserte sich mit fast täglichen Auftritten ihr mageres Stipendium von 180 Mark auf. Ab dieser Zeit hörte das Musikmachen nicht mehr auf. Sie sang bei Stern Combo Meißen und Panta Rhei und gründete 1974 ihre eigene Gruppe, Veronika Fischer & Band. Ihr erstes Solo-Album erschien 1975, und bald avancierte sie zur erfolgreichsten Interpretin in der DDR-Unterhaltungsbranche und tingelte oft wochenlang durch das sozialistische Ausland.
Unzählige Alben und Singles hat Veronika Fischer im Laufe ihrer Karriere produziert. Nicht immer hatte sie es einfach, doch sie verfolgte ihren Weg – sei es, dass sie ihre Band überzeugte, auch noch hochschwanger aufzutreten, durchaus etwas Besonderes. Doch 1980 war gerade „Das Jahr des Kindes“ in der DDR ausgerufen worden, und die Band schrieb ihr das passende Lied dazu: „Zeit für ein Kind“. Um dieselbe Zeit entstanden zwei Alben mit zauberhaften Geschichtenliedern von Reinhard Lakomy, Vroni sang sie gemeinsam mit Kollegin Angelika Mann ein. Die Alben lagen in jenen Jahren in jedem Kinderzimmer.
Der Osten ist ihre Heimat geblieben. Als Veronika Fischer 1981 nach langem Ringen mit sich selbst endgültig nach Berlin West übersiedelte, ahnte sie schon, dass sie dort nicht wirklich heimisch werden würde. Doch in der DDR fühlte sie sich auch nicht mehr wohl, die Stasi spitzelte ihr hinterher und versuchte sie zu werben. Als musikalischer Auslandskader war sie interessant – und potenziell verdächtig. Zunächst versuchte sie den Spagat zwischen beiden Welten, durfte zwischen Ost- und Westberlin pendeln. Doch als sie den ersten Vertrag im Westen über eine LP abschloss, war diese Übereinkunft nichtig. Im Westen versuchte sie dennoch, musikalisch Fuß zu fassen. Das war schwieriger als gedacht, aber sie gründete eine neue Band, tingelte durch Westdeutschland. Einen Tag nach der Maueröffnung, am 10. November 1989, stand sie allerdings wieder auf der Bühne der Dresdner Semperoper. Steffi Pyanoe
Musikalische Lesung am morgigen Samstag im Lindenpark, Beginn um 20 Uhr. Der Eintritt kostet 23 Euro
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