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Kultur: Von Polen und Deutschen

Podiumsdiskussion zum Thema Vertreibung

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Podiumsdiskussion zum Thema Vertreibung Vielleicht wäre das Gespräch ganz anders verlaufen, wenn die Friedrich Ebert Stiftung Erika Steinbach, die Vorsitzende der Stiftung Zentrum gegen Vertreibung, eingeladen hätte und nicht Markus Meckel, den Vorsitzenden der Deutsch-Polnischen Parlamentariergruppe und Mitglied des Bundestages, der gegen das Zentrum argumentiert. Mit dem Vertreter der polnischen Botschaft, Konrad Szredzinski, dem Museumsdirektor von Brandenburg, Dr. Hans Kohnke, Karl Lau, dem Mitglied des Fördervereins „Gedächtnis-Kirche Rosow“ und Markus Meckel moderiert der Historiker Daniel Küchenmeister ein Gespräch unter Gleichen. Die am Montagabend im Kutschstall am Neuen Markt veranstaltete Podiumsdiskussion zum Thema „Vertreibung und Neuanfang“ fügt ein einträchtiges Bild zusammen, das ganz im Sinne des historischen Kniefalls von Willy Brandt in Warschau 1970 verläuft. Sensible Aufarbeitung, Versöhnung und die Anerkennung der im Zuge der Nachkriegszeit gezogenen Grenzen – so stellen sich die Teilnehmer eine gemeinsame Zukunft von Deutschland, Polen und Europa vor. Und das Publikum stimmt zu. In Ost- und Westdeutschland ging man mit dem Thema Vertreibung unterschiedlich um, erklärt Meckel. „Die SED tat so, als würden die Menschen in der DDR mit dem Krieg nichts zu tun haben, als hätten sie schon immer auf der Seite der ruhmreichen sowjetischen Sieger gestanden“, berichtet der einstige DDR-Außenminister. In der Bundesrepublik hätten sich die Parteien in den 50er und 60er Jahren mit den Vertreibungen auseinander gesetzt. Als sich aber die Verbände der Vertriebenen gegen die Anerkennung der Grenzen und die Entspannungspolitik aussprachen, habe man das Thema, weil rechts und reaktionär, lieber unter den Tisch fallen lassen. Nach der Wende sei es deshalb besonders wichtig gewesen, die Grenzfragen klar zu beantworten, den östlichen Nachbarn zu versichern, dass Deutschland die Grenzen als Folge des von ihm ausgegangenen, faschistischen Krieges akzeptiere. Diese Einsicht sei eine grundlegende Voraussetzung für die heutigen Beziehungen zu Polen. Auch in Polen sei das Thema kein Tabu gewesen, wenn die Aufarbeitung auch erst Anfang der 80er Jahre begann, erklärt Botschaftsvertreter Szredzinski. Das in Deutschland ein Zentrum gegen Vertreibung entstehen soll, habe die Gemüter wieder neu erhitzt. Dass die Geschichte aufgearbeitet werden muss, ist keine Frage, sagt der Diplomat, nur auf das Wie komme es an. Ein Zentrum in Deutschland sei der falsche Weg, davon ist auch Meckel überzeugt. Es würde wahrgenommen wie ein ausgestreckter Zeigefinger in Richtung Polen, meint der einstige DDR-Außenminister. Warum nicht ein gemeinsames Zentrum in Warschau aufbauen, schlägt er vor. Um Geschichte präsent zu machen, seien keine Museumsausstellungen gefragt, sondern persönliche Begegnungen, Jugendaustausch, meint Museumsdirektor Kohnke. Doch auch auf offizieller Ebene gebe es einiges zu tun, glaubt Szredzinski. Polen arbeitet in einem internationalen Netzwerk mit, das sich mit dem Umgang mit der Vergangenheit befasst. M. Hartig

M. Hartig

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