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Kultur: Von wegen erster Blick

Die australische Künstlerin Mikala Dwyer mit „The Additions And Subtractions And The Hanging Garden“ im Kunstraum

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Nicht nur für Nichtraucher ist dieser Garten ein kleines Paradies, in dem die Perspektiven verrücken. Wer ab heute Abend die Galerie Kunstraum in der Schiffbauergasse betritt, steht mitten im Grünen. „The Hanging Smoking Garden“ nennt die australische Künstlerin Mikala Dwyer die Installation, mit der die Besucher in der Ausstellung „The Additions And Subtractions And The Hanging Garden“ empfangen werden. Ungefähr 100 kleine und mittlere Pflanzen in eigenwillig geformten Plastikbehältern hängen in unterschiedlichen Höhen von der Decke. Ein paar Stühle stehen im Inneren dieses pflanzlichen Irrgartens, dazu ein paar Aschenbecher. Ein Ruheort, in dem nicht nur Mikala Dwyer ihrer Leidenschaft, dem Rauchen, frönen kann.

Insgesamt fünf Installationen werden bis zum 8. Juli im Kunstraum gezeigt. Neben dem „Hanging Smoking Garden“, dem Herzstück und der wohl auch am leichtesten zugänglichen Installation der Ausstellung, gibt es vor allem Sperriges, dass sich einem leichten und schnellen Verständnis verschließt. Wie die kleine Stadt, ihre „schlechten Architekturmodelle“, wie Mikala Dwyer scherzhaft die zweite Installation bezeichnet. Die 47-jährige Dwyer gilt in ihrer Heimat Australien als eine der bedeutendsten Vertreterinnen von zeitgenössischer Kunst und unterrichtet dort an der Universität. Auf ihre Arbeit war die Leiterin des Kunstraumes, Katja Dietrich-Kröck, durch „Face up“, einer Gemeinschaftsausstellung australischer Künstler, im Hamburger Bahnhof in Berlin aufmerksam geworden.

Im Halbrund um die Wendeltreppe hoch zum Obergeschoss des Kunstraumes sind die „schlechten Architekturmodelle“ aus Sperrholz auf den Boden gestellt. Auf den ersten Blick katastrophale Bauwerke, an denen nichts stimmig scheint. Krumm und schief, in den unmöglichsten Winkel zusammengesetzt, wirken sie als hätte sie die Plattentektonik geschaffen. Der Schlüssel zum Verständnis steht ganz unscheinbar am Fuße einer der Modelle: Ein Kristall.

Die Struktur der Kristalle, diese oftmals phantasievollen Formen, sind Vorbild für Mikala Dwyers Installation. Als ein Experiment mit den Formen bezeichnet sie ihre Arbeit mit den Architekturmodellen. Ein spielerischer und dadurch oft willkürlich wirkender Umgang mit Formen, der bewusst die unsägliche Frage von Sinn und Unsinn solcher zeitgenössischen Installationen provoziert.

Diese Frage wird sich vielleicht mancher Betrachter auch bei „Mountain“ stellen, einem durchsichtigen Plastikbrocken, der auf den ersten Blick nichts anderes sei, als „gerahmte Luft“, so Dwyer. Oder mit die Kreisinstallation „The Additions And The Subtractions“ im Obergeschoss, die als Anordnung von allerlei Tinnef verstanden werden kann.

Doch allzu große Ernsthaftigkeit ihren Installationen gegenüber hegt die Künstlerin selbst nicht. Spricht Mikala Dwyer über ihre Arbeit, ist immer ein Augenzwinkern dabei. So verspricht sie den Besuchern im „Hanging Smoking Garden“ Reichtum, weil einige der Pflanzen den Namen Geldbaum tragen. Ob Dwyers Installation für mehr Geld in der eigenen Börse sorgen wird, sei dahin gestellt. „The Hanging Smoking Garden“ fasziniert und hinterfragt bestehende Sichtweisen. Das ist immerhin auch schon sehr viel.

Die Ausstellung „The Additions And Subtractions And The Hanging Garden“ wird heute, um 20 Uhr, mit einer Vernissage im Beisein von Mikala Dwyer eröffnet und ist dann bis zum 8. Juli, mittwochs bis freitags von 14 bis 20 Uhr und samstags und sonntags von 12 bis 20 Uhr geöffnet.

Dirk Becker

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