Kultur: Vorsicht! Oma kommt!
Auftakt des Frauenfestivals gestern im Sterncenter
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Auftakt des Frauenfestivals gestern im Sterncenter Im Alter wird man wieder zum Kind, behauptet eine alte Volksweisheit. Das dachte sich wohl auch das deutsch-australische Künstlerinnen-Gespann Rachel Pattison, Julia Giesbert und MarieFeldt und bugsierte ihre „Oma“ auf den Kindersitz des Einkaufswagens. Aus dieser erhöhten, fahrenden Perspektive dirigierte die schräge alte Dame in trotzig-liebenswerter Unbefangenheit ihre zwei „Töchter“ quer durch das Sterncenter. Sie verteilte Möhren und Kommandos, brachte Muttis zum Schmunzeln und ängstliche Kinder fast zum Weinen. Ein witziger Auftakt für das Frauenfestival, das gestern mitten hinein ins bunte Einkaufsleben führte. Bis Sonntag will das Festival an verschiedenen Orten der Stadt präsent sein, und auch Männer für Frauen und „ihre“ Themen sensibilisieren. „Frauen können nicht nur Taschen füllen und Schnäppchen jagen, sie können sich genauso gut mit Kopf und Seele der Kunst verschreiben“, sagte die Schirmherrin Sozialministerin Dagmar Ziegler. Und fürwahr: die kleine Kunstaktion, die ohne viel Aufwand, aber durchaus originell treppauf, treppab durch die Shoppingmeile „tourte“, war Frauen-Werbung im besten Sinne. „Das Frauenzentrum rüttelt auf, zeigt mancher mutlosen Frau Wege zur Veränderung. Es schafft für schwache, entmutigte Frauen Oasen“, würdigte die Präsidentin des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, Karin Genrich, das Tun der Festivalmacherinnen. Für eine Woche soll nun das tägliche Ringen um Normalität beiseite geschoben und die Fantasie ihre Blüten treiben dürfen. „Frauen sind schön, zu nett, gebärfähig, einfühlend, harmoniesüchtig, phänomenal. Frauen sind keine Männer.“ Immer wieder purzeln Worte aus dem Munde der Einkaufswagen schiebenden „Töchter“ wie unbehauenes Gestein. Sie stehen einfach für sich – ohne Erklärung, ohne Zusammenhang. Dennoch finden sie bei mancher Passantin Widerhall, die ihrerseits Frauenattribute parat hat. Die Kinder schauen derweil erstaunt dem bunten Trio hinterher, ziehen der Oma ihren verlorenen Pantoffel wieder über, helfen, die heruntergefallene Perücke aufzulesen. Die meisten Potsdamer freuen sich über dieses kleine, harmlose „Aufschrecken“. Andere schütteln fragend die Köpfe. Die Künstlerinnen haben sich für ihre Shopping-Tour aufs Feinste herausgeputzt. Aus Plastiktüten aller Coleur schneiderten sie sich die schönsten Kleider. Ein Blickfang fürs Auge. Nicht mehr und nicht weniger. Heidi Jäger Heute um 20 Uhr liest Rina Nissim im Frauenzentrum aus ihrem Buch „Lustvoll –Weibliche Sexualität in jedem Lebensalter“. Anschließend gibt es ein Gespräch.
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