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Kultur: Weit gespannt

Abschlusskonzert des Klaviermeisterkurses

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Größe in der Kunst bekommt man selten allein durch Begabung. Man erreicht sie, so sagte einmal ein Klavierprofessor, wenn man üben geht. Das wissen auch die jungen Pianisten, die sich zum Klaviermeisterkurs der 3. Edwin-Fischer-Sommerakademie Potsdam einfanden, der von dem Potsdamer Pianisten Alexander Untschi verantwortet wurde. Bei der Grande Dame der heutigen Pianistengilde, Elisabeth Leonskaja, wollten die 16- bis 28-Jährigen neue Impulse erlangen, das Erreichte nicht bereits als Gipfel einer Entwicklung erkennen, sondern als deren Beginn.

Und so waren zwölf junge Musiker aus mehreren Ländern Europas, aus den USA und Taiwan in den vergangenen sechs Tagen im Schloss Glienicke um Elisabeth Leonskaja versammelt und vernahmen ganz gespannt ihre Anmerkungen zur Dynamik, zu Tempi, zum Fingersatz oder zur Körperhaltung am Tasteninstrument. Das ganze Spektrum des Klavierspiels stand auf dem Programm, „verursacht“ durch die Pianisten selbst. Nicht nur bei den Kursen tagsüber, sondern auch beim Abschlusskonzert am Mittwochabend im voll besetzten Gartensaal.

Elisabeth Leonskaja, die Meisterin, saß im Konzert in der hinteren Reihe. Sie wollte den jungen Leuten nicht direkt auf die Finger schauen. Das kann verunsichern. Aber sie hörte. Und dies sehr gut. Die Kursteilnehmer erwarteten am gestrigen letzten Seminartag sicherlich die Konzert-Einschätzung der Lehrerin. Doch sie machte bereits zurvor jedem Einzelnen Komplimente. Die Zuhörer mit ihrem anerkennenden und herzlichen Beifall ebenfalls.

Zehn Musiker spielten auf dem Boesendorfer-Flügel unter anderen Werke von Beethoven, Chopin, Debussy oder Liszt, dem „Musikheiligen 2011“. Allen konnte man technische Sicherheit bescheinigen, die es ihnen ermöglicht, äußerst schwere Werke zu interpretieren. Man hatte aber den Eindruck, dass man noch gern Virtuosität zur Schau stellt, dem Spiel mit der Urgewalt Liszt’scher Klangmassen regelrecht frönt. Doch die 20-jährige Renate Konyicska aus Rumänien wusste mit den beiden Konzertetüden „Waldesrauschen“ und „Gnomenreigen“ hörbar zu machen, dass den Stücken von Liszt auch viel Lyrisches eigen ist. Groß ist bereits die dynamische Spannweite, mit der die Lettin Baiba Osina die Rhapsodie éspagnole des Weimarer Komponisten umfängt. Mit dessen „Funérailles“ demonstrierte der 23-jährige Franzose Johann Blanchard seinen starken Ausdruckswillen, doch auch den Hang zum Pathetischen. Den hielt ebenfalls der aus den USA stammende James Guey parat. Der erst 17-Jährige wusste mit der berühmten Chaconne d-Moll von Bach sehr zu gefallen. Das mit schöner Konzentration und Klarheit gespielte Werk öffnete den Blick auf musikalische Strukturen. Ein Jahr jünger als James Guey ist die Deutsche Susanne Cui. Sie spielte ihre Auswahl aus den Préludes op. 28 von Chopin mit feiner klanglicher Differenzierung, nicht anders der Pole Maciej Raginia, der zwei Nocturnes op. 62 Chopins musizierte, jedoch resoluter als das von schwebender Leichtigkeit erfüllte Spiel von Susanne Cui. Beethovens Sonate Es-Dur op. 27 Nr. 1 und dessen Mondscheinsonate lag in den Händen von Julia Kocina aus Lettland und Francisco Reis aus Portugal. Mögen deren Interpretationen noch etwas befangen klingen, doch die intensive, ernsthafte Lesart, mit der sie die Werke angingen, machen neugierig auf weitere Begegnungen. Auch auf die Taiwanesin Kai-Na Chang, die die wundervolle Klangwelt Debussys einfühlsam darstellte. Klaus Büstrin

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