Kultur: Weltsicht aus dem Osten
Die ersten 28 Werke aus der entstehenden Sammlung ostdeutscher Kunst von Hasso Plattner sind ab 24. Juli im HBPG zu sehen
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Dieses Trommelfeuer verheißt nichts Gutes. Der gesichtlose schwarze Mann rührt seine Stöcke zum Marsch in den Krieg. Der König sitzt unberührt mit maskenhaft verzerrtem Antlitz auf seinem Sessel, inmitten der von ihm entfachten Glut. Bernhard Heisigs Gemälde „Friedrich und der Trommler“ zeigt den König als historische Projektionsfläche. Heisigs Bilder sind Bilder gegen Unrecht, gegen Gewalt. Sie wollen aufrütteln, das Grauen gleichnishaft vor Augen führen.
Ab Dienstag, dem 24. Juli, sind acht Werke von Heisig (1925-2011) in der Ausstellung „Einblick und Ausblick. Werke aus der Sammlung Prof. Dr. Hasso Plattner“ im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) zu sehen. Insgesamt sind es 28 Werke, die exemplarisch Positionen aus 60 Jahren ostdeutscher Kunst vor und nach 1989 belegen und die zur Bilanz deutscher Kunst im 20. Jahrhundert Wesentliches beigetragen haben. Darunter sind auch sieben Werke von Wolfgang Mattheuer sowie Arbeiten von Arno Rink, Willi Sitte, Werner Tübke und Erich Kissing. Ulrich Hachulla ist mit dem Diptychon „Karneval“ vertreten. Die Schau wird ergänzt durch zwei Werke von Klaus Fußmann und ein abstraktes Bild von Gerhard Richter.
Das spektakulärste Exponat, ein monumentaler Guss von Mattheuers „Jahrhundertschritt“, wird ab September auf dem Kutschstallhof seinen Platz finden. Ansonsten sind von Mattheuer vor allem feinnervige Landschaftsstimmungen zu sehen. Gesellschaftskritische symbolhafte Bilder, die in der DDR zu den großen Kunstausstellungen in Dresden heftige Debatten auslösten, wie seine „Ausgezeichnete“ (1973/74), die einsam auf einen Tulpenstrauß schaut oder „Hinter den sieben Bergen“ (1973), auf dem eine endlose Straße auf eine Bergkette zuführt, hinter der sich eine Luftballon schwingende Freiheitsgöttin erhebt, fehlen (noch) in der Sammlung. Es sind vor allem ältere Schlüsselwerke seiner Lieblingskünstler, die zumeist der sogenannten Leipziger Schule angehören, die bislang nicht in Plattners im Aufbau befindlicher ostdeutscher Sammlung enthalten sind. Doch Hasso Plattner will sie ja auf mehr als 50 Werke ausweiten und da bleibt ihm noch viel Raum, weitere Akzente zu setzen, vielleicht auch jenseits vom Leipziger Kanon, zu dem auch die Stimme von Neo Rauch gehören müsste. Und vielleicht schaut der Sammler ja zudem auf die subversive Kunst in der DDR, die noch mal ganz andere Töne anschlägt als die ausgewiesene Elite. Doch es ist seine Privatsammlung und da bestimmt letztlich allein der Sammler über Ausrichtung und Zäsuren.
Aber er wird sie alle zeigen, seine Bilder aus dem Osten: jetzt im HBPG, später in einer Dauerausstellung in seiner modernen Kunsthalle. Die wird zudem – nach seinem Tod – seine weltweit geschätzte und verstreute Sammlung der Klassischen Moderne vereinen. Die Halle errichtet Plattner nun auf eigenem Grund und Boden am Jungfernsee. Der Traum von einer Kunsthalle in Potsdams Mitte ist ausgeträumt. Der Gegenwind blies dem Sammler zu eisig ins Gesicht. Verbohrte Anhänger des Hotels „Mercure“ – wahrlich kein Ruhmesblatt der DDR-Architektur –, das für die Kunsthalle abgerissen werden sollte, waren stärker als Plattners Geduld und die vielen nun enttäuschten Befürworter einer Kunsthalle im Herzen der Stadt.
Zu sehen sind die Werke ab Dienstag, 24. Juli, 10 Uhr, bis 16. September, im HBPG, Am Neuen Markt 9, Eintritt frei
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